Hanna Strack » Mit Clownerie zur Glaubensfreude

 

Gisela Matthiae: Wo der Glaube ist, da ist auch Lachen. Mit Clownerie zur Glaubensfreude,  Kreuz/Herder Freiburg 2013

 

www.clownin.de

 

www.kirchenclownerie.de

 

 

Gisela Matthiae ist Theologin und Clownin, oft in der Figur der schwäbischen Frau Seibold. Sie nimmt mit Fröhlichkeit und tiefem Ernst die Lesenden bei der Hand, um ihnen zu zeigen, was biblischer und reformatorischer Glaube ist.

 

So hat jedes der zehn Kapitel eine spielerische Szene, eine theologische Pointe und eine clowneske Reiseapotheke. Eine „Humorspur … trägt mein theologisches Denken. Mein Anliegen ist es, die Vertikale in eine Horizontale zu kippen, in der dialektische Denkfiguren möglich sind wie:  ein bisschen mehr oder weniger, sowohl als auch, ‚schon jetzt’ und ‚noch nicht’.  Nicht die Endlichkeit im Lichte einer Vollkommenheit erscheint mir bedenkenswert, vielmehr interessiert mich das Zugleich von glückendem und gutem Leben im Hier und Jetzt bei aller Gefährdung und allem Scheitern.“ (21). Ist es nicht das, was Luther mit dem „simul justus et peccator“ meinte? Zwischen den Zeilen und hinter den Worten ist zu erkennen, dass dieses Buch eine Frucht des theologischen Arbeitens und der Gestaltungen der Clownerie ist. Ihre Erfahrungen bei workshops, in Krankenzimmern, aus seelsorgerlichen Gesprächen, ihre Ermutigungen für  Menschen mit Handicaps, ihre fundierten Bibelinterpretationen, ihre Kenntnisse der Theologiegeschichte – das alles wird zu einer Einheit verwoben, die uns die Augen öffnet für neue, lebensnahe Impulse des Glaubens.

 

Hier wird schon deutlich, dass eine Rezension diesen Reichtum nicht einfangen kann, sie will aber Neugierde wecken.

 

Das Buch ist locker geschrieben und gibt doch überraschende Einblicke in tiefe Schichten des Lebens, des Lachens und des Glaubens. Es erinnert mich an die Predigt von Pfarrer Willem-Eicke den Hertog aus dem KZ Dachau: „Und Gott lacht … “.

 

Die Inhalte der Kapitel der Reihe nach: Humor als Zwillingsschwester des Glaubens, Springen als clowneske und spirituelle Übung, Lachen und die Macht, Merkmale der Komik, Leichtsinn aus Schwermut kommend, worüber fromme Christen lachen, tosende Freude unter den ersten Christen, Kniefall vor dem Kind, keine gute Figur abgeben, das Riskante und Subversive des Humors, Trost und Trotz, Visionär Leben, Schluss, mit lustig: Ruhetag! Viele biblische Erzählungen habe ich, obwohl selbst seit fünfzig Jahren Theologin, in ganz neuem Licht gesehen. Mein Versuch, ein Register aller zitierten Bibelstellen zu schaffen, wollte gar kein Ende nehmen. Es ist eine Freude, wie Gisela Matthiae das schwierige Hiobbuch vor uns öffnet. Die Bergpredigt steckt voll witziger Pointen, voll erstaunlicher Bilder und ironischer Anspielungen. „Wir erahnen etwas von der Welt der Seligpreisungen im sorglosen Spiel der Clowns. Sie scheinen aus dieser unerschöpflichen Quelle zu schöpfen, die ihnen zumurmelt, dass sie schon in Ordnung sind, trotz ihrer Schrullen und ihrer Unbeholfenheit.“ (141). Die Evangelien, Paulus und der Römerbrief, das Buch Jona oder Rut, Psalmen – wir werden ganz nah herangeführt an die Personen und entdecken dabei uns selbst. Und schließlich: die Gottebenbildlichkeit im Unterkapitel „Theologische Pointe: Clownin Gott“. Über diese Metapher für Gott schrieb Gisela Matthiae ihre Doktorarbeit. Wir können uns das plastisch vorstellen:

„Manchmal zieht Frau Seibold ihren Spiegel aus der Tasche, um zu sehen, ob der Hut noch sitzt. Dabei kommt sie regelmäßig ins Grübeln über die Gottebenbildlichkeit. Sieht sie etwa aus wie Gott? Oder sieht Gott aus wie sie? Auch schon in die Jahre gekommen? Und sogar eine Frau? Diese Frage lässt sie gleich erstrahlen …“ (180).

Und nun wird der bekannte Text über Frau Weisheit an Gottes Seite, Sprüche Kapitel 8, hin und her betrachtet.

 

Ich empfehle, morgens oder abends eine Seite, ein Unterkapitel oder eine der clownesken Reiseapotheken zu lesen. Sie werden staunen, wie viel Humor in der Bibel ist und wie Humor uns menschlicher leben lässt.

 

Wer an Ostern wieder predigen wird, der entnehme hier die Beispiele für das „Osterlachen“.

 

Hanna Strack, Pastorin i. R., veröffentlichte: „Die Frau ist Mit-Schöpferin. Eine Theologie der Geburt“, Rüsselheim 2006 und mit Gunhild Nienkerk: „Guter Hoffnung sein. Ein spiritueller Begleiter für Schwangerschaft und Geburt“, Innsbruck 2013