1. Advent
Wir bekommen z. Zt. per Email viele Aufrufe, uns für einen bedrohten Menschen einzusetzen. Wir wollen Gutes tun und unterschreiben einen Aufruf. Und dann kommt prompt eine Email hinterher, in der es heißt, dass wir gutgläubig und naiv waren, denn dieser Aufruf wird das Gegenteil bewirken. Wir sollen es bitteschön nicht unterstützen. Naivität ist keine christliche Tugend. Die virtuelle Welt mit ihrer Anonymität lädt Schurken geradezu ein, das Böse zu verbreiten. Im Wissen um das Böse aber sollen wir Gutes tun, schreibt Paulus. „Seid niemandem etwas schuldig, außer dass ihr euch untereinander liebt…Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses.“ Die Liebe ist aber auch auf der Hut, dass sie selbst nicht zum Opfer des Bösen werde. Die kritische Haltung gegenüber den vermeintlich Guten ist wie ein Schutzkleid. „Zieht an den Herrn Jesus Christus“, fährt Paulus deshalb fort und erinnert an Jesu Ausspruch in der Bergpredigt: „Hütet euch vor den Wölfen im Schafspelz!“.
Hanna Strack
Zum Dritten Sonntag im Advent
Die Adventszeit ist eine Zeit der vielen Feste, Einladungen, Einkäufe, des Putzens und Backens, eine anstrengende Zeit. Es ist aber auch eine Zeit, die von ihrem Ende her geprägt ist, von der Geburt Jesu Christi. In dieser Zeit besinne ich mich auch auf meine christlichen Tugenden. Dazu gehört auch, dass ich nicht das letzte Urteil über meine Mitmenschen haben kann. „Darum richtet nicht vor der Zeit, bis der Herr kommt, der auch ans Licht bringen wird, was im Finstern verborgen ist.“ (1.Kor 4,5). Das letzte Urteil über einen Menschen liegt also in der Zukunft, liegt jenseits meiner eigenen Erkenntnisse. So wie die Adventszeit vom Licht der Weihnachtszeit geprägt wird, so ist mein Urteil über andere Menschen geprägt von der Erwartung, dass Christus selbst über die Menschen urteilen wird. Natürlich schätze ich meine Mitmenschen dennoch ein und mache mir ein Urteil dabei, aber es bleibt immer der Vorbehalt: Christus sieht in das Verborgene und das kann dann noch mal ganz anders aussehen.
Hanna Strack
Christfest
Was geschieht eigentlich mit mir selbst an Weihnachten? Was hat Gott durch Jesus Christus an mir verändert? An Weihnachten bin auch ich geboren, genauer gesagt, neu geboren durch „das Bad der Wiedergeburt“ (Titus 3,5). Und noch mehr, über mir wird reichlich viel Heiliger Geist ausgegossen – so fährt das Weihnachtsevangelium fort. Bei meiner Taufe wurde das Bad der Wiedergeburt nur angedeutet mit dem Taufwasser, das auf meine Stirne geträufelt wurde. Aber es sollte ja erinnern an das Fruchtwasser, in dem ich vollständig gebadet hatte vor meiner Geburt. Wasser reinigt, erfrischt und Wasser heilt. Und wenn dann noch dazu der Heilige Geist reichlich ausgegossen wird – was kann es da Seligeres geben? Das also passiert mit mir an Weihnachten, denn da ist „erschienen die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Heilandes“ (Titus 3,4). Wie kann ich das an den Feiertagen am besten feiern? Ich schaffe mir so viel Ruhe wie möglich und öffne meine Gedanken, damit der Heilige Geist seine guten und neuen Ideen in mir lebendig werden lassen kann!
Hanna Strack
Kinder
„Eure Kinder sind nicht eure Kinder. Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selbst.“ Diese Erfahrung hat Khalil Gibran aufgeschrieben, diese Erfahrung machen früher oder später alle Eltern, auch diejenigen, die umgekehrt fühlen: „Solange du deine Füße unter unserem Tisch hast, tust du, was wir sagen!“ Oh, wie weh tut es den Eltern, wenn die Tochter oder der Sohn andere Wege gehen als die erwünschten, als die so selbstverständlich erwarteten, auch dann, wenn es ein guter Weg ist, den sie gehen wollen. So ist der 12jährige Jesus den Eltern weggelaufen und in den Tempel gegangen. Seine Eltern warfen ihm vor: „Warum hast du uns das angetan?“ Lk 2,28. Und Jesus: „Wisst ihr nicht, dass ich sein muss in dem, was meines – geistlichen – Vaters ist?“ V 49. Zuerst hatten Maria und Josef Angst: Wo ist er? Dann spürten sie schmerzhaft die Distanz, die ihr Sohn zu ihnen aufbaute und erst danach kam die Freude. Denn nun verstanden sie ihn und konnten miterleben, wie er „an Weisheit, Alter und Gnade bei Gott und den Menschen zunahm.“ V 52.
Hanna Strack
Epiphanias
Der Sohn weist die Einmischung seiner Mutter schroff zurück: „Was geht es dich an, Frau, was ich tue?“ Joh 2,3. Sie aber vertraut ihm: „Was er euch sagt, das tut“, rät sie den Anwesenden. Da stehen sechs große Krüge mit Wasser für die Reinigungsvorschriften. Jesus aber will nicht, dass das Wasser zum Waschen verwendet wird. Es ist doch Hochzeit! Er will feiern mit allen, die eingeladen sind. Darin sieht er seinen Auftrag von Gott: Nicht Vorschriften sondern Freude verbindet uns mit Gott. Plötzlich ist in den großen Krügen Wein statt Wasser. Und das Resumée der Geschichte lautet: „Jesus offenbarte seine Herrlichkeit“. V 11. In uns entsteht das Bild eines Menschen mit großer Ausstrahlung, das Bild einer überzeugenden charismatischen Erscheinung mit großer Autorität: „Und seine Jünger glaubten an ihn.“ Lassen auch wir uns von Jesus bestrahlen, lassen auch wir uns ein auf das Leben als Fest Gottes mit uns Menschen! Ja, unser Weinen wird dann verwandelt in Tanzen. Und unsere Sehnsucht nach Heil und Frieden hat in Jesus ihre Erfüllung vorweggenommen.
Hanna Strack
Letzter Sonntag nach Epiphanias
„Fürchtet euch nicht!“ Wenn dieser Ruf erklingt, dann weist er uns auf eine religiös sehr dichte Atmosphäre hin, auf einen Augenblick, in dem die Menschen, die ihn hörten, ergriffen waren von der Gegenwart des Göttlichen. Diesen Ruf hörten auch die Jünger Jesu, als sie mit ihm auf einem hohen Berg standen. Sie haben etwas gehört und etwas gesehen: Jesu Gesicht leuchtete wie die Sonne und seine Kleider wurden weiß wie das Licht. (Mt 17,2) Dann hörten sie, wie Mose und Elia mit Jesus sprachen. Dann sahen sie eine Wolke und hörten eine Stimme aus ihr sagen: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe, den sollt ihr hören. (V5) Diese Audiovision ist eine Erkenntnis, die Gewissheit schenkt. Mitten im Aufbruch in eine neue Zeit erfahren die verunsicherten Jünger, dass Jesus wirklich Gottes Wille und Weg verkündet. Und dass Jesus diesen Weg selbst geht. Es gibt solche Augenblicke in unserem Leben auch. Mit einem Schlag ist uns klar, welche Entscheidung wir treffen sollen. In diesem Fall aber wollen wir mit den Jüngern die Erkenntnis teilen, dass wir Jesu Wort hören sollen.
Hanna Strack
Aschermittwoch
Es sind besonders Frauen und Mädchen, die fasten, selbst dann, wenn es ihre Gesundheit beschäftigt. Sie wollen so schlank und dünn werden wie ihre Vorbilder im Fernsehen und im Showgeschäft. Sie fasten für den Augenschein. Jesus warnt uns in der Bergpredigt gleich drei Mal vor Heuchlern (Mt 6). Das sind alle, die Persönliches nach außen bringen: Spenden, Beten und Fasten. „Ich warne euch von den Heuchlerinnen“, würde Jesus heute sagen. „Diese Frauen und noch mehr Mädchen fasten und hungern, um in den Augen der Öffentlichkeit Idealfrauen zu werden. Macht es ihnen nicht nach! Wenn ihr aus gesundheitlichen Gründen fastet, das ist in Ordnung. Wenn ihr fastet, um euren Geist zu reinigen, klare Gedanken zu finden und Schweigen zu können, dann ist das gut für euch. Wenn ihr fastet, um Gott hereinzulassen in euer Leben, um gottdurchlässig zu werden, dann unterstütze ich euch voll und ganz! Aber das gelingt nur im privaten Bereich, in der Stille. Sobald ihr das öffentlich macht, ist es ohne jeden Nutzen!“
Hanna Strack
1. Sonntag in der Passionszeit
Ein Freund kam gerade zurück von einer Exkursion in die Wüste Sahara. Ergriffen erzählte er uns von der Weite um ihn herum, wenn er auf dem Rücken eines Kamels ritt, und von dem übergroßen leuchtenden Sternenhimmel, wenn er abends vor seinem Zelt saß. Er sprach zu uns von der Einsamkeit, die er um sich spürte, wenn er durch die Wüste wanderte. Die Wüste, so sagte unser Freund, führt jeden Menschen auf sich selbst zurück, auf seine Stärken und auch auf seine Schwächen, seine Lüste. In den Evangelien lesen wir, dass Jesus in der Wüste war und zwar vierzig Tage und vierzig Nächte, eine Zahl, die auf das Ganze, Totale, Vollständige hinweist. Hier in der Wüste bereitete sich Jesus vor auf seinen Weg, der ihn von Galiläa nach Jerusalem führte. Er bereitete sich vor auf sein Heilen, sein Predigen, seine Gastmähler, seine Freundschaften und auf sein Verlassensein im Sterben. Er widerstand den Versuchungen der Schwächen, die in Gestalt eines Teufels auf ihn einstürmten. Deshalb konnte Jesus leben und sterben aus der Hoffnung, dass Gott ihm treu bleiben werde.
Hanna Strack
3. Sonntag im Passionskreis
„Wer seine Hand an den Pflug legt, ist nicht geschickt zum Reiche Gottes!“ Wie viele Jahre habe ich mit diesem Satz gelebt! Damals als ich unter meinen eigenen seelischen Verwundungen und unter den Krankheiten meiner Liebsten beinahe zusammenbrach. Jesus lehrte mich, nach vorne zu schauen. Bloß nicht aus dem Rückwärtsschauen leben! Vorne ist das Leben, vorne ist die Verheißung Gottes! Ich stellte mir das so vor meinem inneren Auge genau vor: Ein Bauer führt den Pflug hinter dem Ochsengeschirr, er zieht gerade und tiefe Furchen, damit neues Getreide darauf wachsen kann. Es soll im nächsten Jahr die Menschen ernähren. Und wenn sich der Bauer nun umdrehen würde? Die Furche würde krumm und flach. Die Samenkörner hätten nicht genug Erde um sich, um zu keimen und zu wachsen. Deshalb: „Wer die Hand an den Pflug legt und blickt zurück, ist nicht geschickt zum Reiche Gottes!“ Ich sagte mir diese Worte Jesu oftmals am Tag vor und so war mein blick auf die Verheißungen Gottes gerichtet. Das gab mir Kraft und ich fand Auswege und Heilung.
Hanna Strack
Palmsonntag
Es zerreißt uns innerlich, wenn wir den Jubel hören: „Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei der da kommt im Namen des Herren! Hosianna in der Höhe!“. Und das Volk legt Palmzweige auf die Straße, damit Jesus auf ihnen hinweg reite. Das zerreißt uns, denn wir stehen ja am Anfang der Karwoche. In ein paar Tagen ist Karfreitag. Wir wissen es, wie schnell dieser Jubel umschlägt in das „Kreuzige ihn!“ Heute am Palmsonntag aber fällt unser Blick auf einen bescheidenen Helden, einen Jesus, der nicht auf einem königlichen Pferd reitet, sondern mit einem Esel vorlieb nimmt. Jesus lässt sich nicht von der Menge seiner Fans einheizen, denn er weiß, wohin sein Weg in führt: in den bitteren Tod. Ein Wissender ist er. Die Menge auf der Straße aber, das sind Hoffende, die raus wollen aus Armut und Elend. Und weil Jesus nicht politisch agiert und keinen militärischen Aufstand anführen wird, deshalb werden sie ihm so schnell die kalte Schulter zeigen. So beginnt für uns eine Woche der inneren Gegensätze, des Mitleidens mit Jesus. Wir begleiten ihn mit unserem Herzen.
Hanna Strack
Erster Sonntag nach Ostern
Das Gefühl, gescheitert zu sein, ist sehr bitter. Langsam kriecht eine Starre ins Herz, lähmt den Lebenswillen des gescheiterten Menschen. Dieses Gefühl, aus den Höhen der Erfolgsmeldungen hinunterzustürzen in die Zukunftslosigkeit, das ist ein Gefühl, das uns den Atem nimmt. Alle Illusionen sind zerplatzt, nicht einmal schöne, leichte Seifenblasen bleiben. Ganz scheu suchen wir neue Gewissheiten um uns herum. Der Fall ins Bodenlose muss ein Ende haben! Mit diesen Gedanken versuchen wir, die Jünger zu verstehen. Sie haben das Ende Jesu am Kreuz nicht selbst miterlebt, sie waren aus Angst geflohen, aber sie wussten: Es ist alles aus! Alle unsere Hoffnung, unsere Liebe, unser Aufbruch – alles aus! In diesem Moment – so schildern sie es – tritt Jesus durch die verschlossene Tür und sagt zu ihnen: „Friede sei mit euch! Nehmt hin den heiligen Geist!“ Der Fall ins Bodenlose ist aufgehalten. Die Tür zur Zukunft öffnet sich. Die Jünger können aufstehen und gehen! Ja, sie gehen mit der Kraft des Heiligen Geistes.
Hanna Strack
Jubilate
Weinberge in Deutschland, das sind alte Kulturlandschaften von der Saale-Unstrut bis ins Markgräfler Land. Weinstöcke mit alten knorrigen Stämmen und frische Triebe, an denen die süßen Trauben hängen! Der Stamm und seine Triebe – sie bilden eine lebendige Einheit. Der Saft, den die Wurzeln aus dem nahrhaften Boden ziehen, kräftigt die Triebe. Das Grün, die die Sonne in den Blättern entstehen lässt, gibt dem Weinstock Leben. Christus spricht. „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben!“ Joh 15,5. So bilden Jesus und wir eine lebendige Einheit. Die Worte Jesu stärken uns, wenn er sagt: „Dein Glaube hat dir geholfen!“ oder: „Selig sind die Frieden stiften!“ Aber da ist natürlich auch der Winter. Kein Saft zieht mehr in die Triebe hinein. Kein Grün nährt den Weinstock. Es ist still. Bis endlich der Frühling kommt. Unser Glaube steht still. Bis wir etwas Neues an Jesus entdecken. So z.B. seine Heilkraft, seine therapeutische Energie, mit der er Menschen heilt. Jesus und wir – wir sind eine lebendige Einheit. Das Ganze ist mehr als die Summe der Teile, ja noch mehr als das: es ist eine unverwechselbare Freude.
Hanna Strack
Rogate
„In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden!“ Joh 16,33. Das leuchtet mir unmittelbar ein, dass in der Welt Angst herrscht. In wie vielen Situationen hatte ich Angst: Als Schülerin im Internat, wenn ich nachts allein aufs Clo musste, als junge Frau mit der Frage: Was werden die andern wohl von mir denken? Beim Abschluss eines Vertrages: Werden sie mich wieder übers Ohr hauen? Angst um die Gesundheit meines Kindes. Angst um den Frieden zwischen den Weltmächten. Das alles kenne ich. Aber wie ist das mit der zweiten Hälfte des Wortes aus dem Johannesevangelium? Wie kann ich spüren, dass Jesus die Welt überwunden hat? Das leuchtet mir nicht unmittelbar ein. Das ist ein langer Weg. Das kommt nicht jetzt und sofort. Das ist in Wahrheit das Ziel, das mich einlädt, den Weg weiter zu gehen, den Weg aus der Angst. Weil Jesus die Welt überwunden hat, kann ich die Angst annehmen. Ich muss nicht mehr Angst vor der Angst haben. Und immer mehr verschwindet die Angst aus meinem Leben. Es ist wie ein grauer Schleier, den eine große Hand wegzieht.
Hanna Strack
Pfingsten
Wir brauchen einen Verbündeten. Wir brauchen eine Freundin, mit der wir über alles sprechen können. Wir brauchen ein gutes Buch, das unsere Gedanken ins Positive wendet. Wir brauchen einen Spaziergang durch die Natur, bei dem wir der Weisheit der Tiere nachsinnen können. Gelegentlich brauchen wir einen Fußtritt, der uns aufschreckt. Und wir brauchen einen Kontakt zum Glauben, damit wir den Grund und Boden nicht verlieren. Jesus wäre ein guter Verbündeter, aber seine Zeit liegt nun 2000 Jahre zurück. Als ob Johannes dieses Problem voraussah, lässt er Jesus in seiner Abschiedsrede zu den Seinen sagen: „Der Tröster, der heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe!“ Joh 14,26 Der Heilige Geist ist unser Verbündeter. Er begegnet uns immer da, wo wir getröstet werden, wo wir belehrt werden. Aber nun hoffen und wünschen wir auch, dass diese Heilige Geistkraft uns in all dem begegnet, was anfangs aufgezählt haben: die Freundin, das gute Buch, der Spaziergang, die Weisheit der Tiere und – ja gelegentlich auch – ein Fußtritt.
Hanna Strack
Die verlorene Tochter
Die Tochter hat das Abitur bestanden. Jetzt will sie andere Länder kennen lernen. „Gib mir einen Teil des vorgezogenen Erbes“, bittet sie ihre Mutter. Die gibt es ihr und die Tochter, nur mit einem Rucksack als Gepäck, verlässt die Kleinstadt. Bald schließt sie sich einem Begleiter an, der sie eines Nachts ausraubt und vergewaltigt. Dann flüchtet sie in die heile Welt der Moon-Sekte. Eine Art Gehirnwäsche beginnt. Die Mutter wird unruhig. Sie hört nichts mehr von ihrer Tochter. Da kommt ein Anruf. Sie versteht kaum ein Wort – aber sie spürt, dass ihre Tochter in Gefahr ist. Und dann schafft sie es und kann die Tochter zurückholen, in die Arme schließen. Eine wunderbare Erfahrung, Freundinnen und Freunde kommen, um mit ihnen zu feiern. Da wird die zweite Tochter sauer. „Du kümmerst Dich dauernd nur um die, die sich den falschen Leuten an den Hals geworfen hat!“ Und die Mutter: „Du warst doch immer hier, merkst Du nicht, dass Deine Schwester wie tot war und jetzt wieder lebendig ist? Das müssen wir doch feiern!“ So einfach nur voll Freude ist Gott, wenn wir nach Umwegen zu ihm, zu ihr, der lebendigen Gottheit, zurückfinden.
Hanna Strack
5.n.Trin
Wer dem Heiligen begegnet, bekommt einen furchtbaren Schrecken. Lukas beschreibt in seinem Evangelium, wie die Fischer auf Jesu Geheiß noch einmal hinausfahren und nun erst Fische fangen, und zwar viel mehr als sie erwarten konnten. Dann kommt er auf Simon Petrus zu sprechen: „Er warf sich Jesu zu Füßen…Denn Schrecken umfing ihn und alle, die bei ihm waren wegen des Fischfanges…“ Dem Heiligen begegnen wir nicht oft. Es kann ein glimpflich überstandener Verkehrsunfall sein, der uns den Schrecken nachträglich einjagt. Es kann sein, dass ein Vater erlebt, wie seine Frau ein Kind gebiert, wie mit ihrer großen Kraft ein neues Leben in die Welt tritt. Beide Male empfinden die Menschen einen großen Schrecken. „Und Jesus sprach zu Simon. Fürchte Dich nicht!“ Das ist immer die Antwort, wenn in der Bibel von einem großen Schrecken berichtet wird. Denn die Furcht überwältigt sie alle, die das erfahren haben. Diese Erlebisse sind im kirchlich verwalteten Glauben fast gar nicht zu machen. Deshalb halten wir uns offen für die ganz eigenen, persönlichen Begegnungen mit dem Heiligen, mit dem Unerwarteten, das uns zutiefst bewegt.
Hanna Strack
7. n. Trinitatis
Jesus macht Menschen satt. Das ist gut so. Wir haben Hunger nach Leben, nach Nähe, nach Wärme, nach Zärtlichkeit. In anderen Gegenden der Welt haben die Menschen Hunger nach Nahrung, nach Wasser und Brot. Unser Hunger nach Leben, nach Lebenserfahrungen, treibt seltsame Blüten. Verrückte Talk Shows, exzentrische Superstar Shows. Aber die leisen Filme gehen behutsam der Sehnsucht nach Leben nach. Ich denke an einen Film, den ich vor Jahren meinen Schulklassen gezeigt habe. Zwei junge Menschen in der Psychiatrie lernen sich lieben und werden einander zur Heilung. Das Mädchen hat eine tiefgründige Angst, der Junge erlebt sich als zwei Persönlichkeiten. Indem sie einander nahe bleiben auch in den Stunden, in denen ihre Krankheit übermächtig wird, können sie einander in das Leben ohne Angst und ohne Doppel-Ich zurückholen. Und wie stillen wir gewöhnlichen Menschen jetzt und in dieser Woche unseren Hunger nach Leben? Jesus will unser Verbündeter sein auf der Suche nach der Nahrung: „Ich bin das Brot des Lebens.“ Wir werden zusammen mit ihm in den nächsten Tagen und Wochen auf die Suche nach Leben, Nähe und Zärtlichkeit gehen!
Hanna Strack
9.n.Trinitatis
Eltern, die nur ein Kind haben, können sich das gar nicht so vorstellen: Jedes Kind ist anders, sagen die Eltern mehrerer Kinder. Da gibt es Brüder, die in zwei gegensätzlichen Parteien Politik machen. Da ist der eine erfolgreicher Unternehmer, seine Schwester Künstlerin. Oft ist ein so genanntes „schwarzes Schaf“ in der großen Kinderschar, ein Kind, das es schwer mit sich hat. Dabei haben sie doch alle die gleichen Startbedingungen gehabt! Alle haben sie zwar Begabungen, doch sehr, sehr unterschiedlich. Jesus meint mit seinem Gleichnis von den anvertrauten Pfunden: Alle sind unterschiedlich, aber jeder kann etwas aus seinem, jede kann etwas aus ihrem Leben und ihren Begabungen machen. Denn wir sind alle Geborene, wir haben alle mit unserer Geburt eine Chance bekommen. Gott, der uns die so unterschiedlichen Begabungen bei unserer Geburt mitgab, rechnet nicht damit, dass wir alle das gleiche leisten können. Gott freut sich sogar über die kleine Blüte meines Humors, mit dem ich andere erfreue! Nur übles Geschwätz und Gehässigkeit – darüber freut er sich nun wirklich gar nicht!
Hanna Strack
11. n. Trinitatis
An diese Geschichte denke ich oft: Der Pharisäer gibt an: „Gott, ich danke Dir, dass ich nicht so bin wie die andern! Denn ich bin anständig und sozial engagiert.“ Wie und womit kann ich eigentlich vor Gott angeben? Dass ich besonders brav bin? Aber was ist brav? Dass ich so lebe, wie es in meiner Gemeinde allgemein von einer christlichen Frau erwartet wird? Dann denke ich an den Zöllner: Er ist bescheiden, trumpft nicht auf. Mir gefällt, dass er sich dessen bewusst ist, wie groß der Unterschied zwischen dem Menschlichem und dem Göttlichen ist. Er bittet: „Gott, sei mir Sünder gnädig.“ Bin ich denn wie er eine Sünderin? Ja, einmal deshalb, weil ich unter dem vermeintlichen Druck, brav zu sein, meine mir von Gott gegebenen Begabungen nicht entfalte. Und zum andern weil ich diesen Unterschied zwischen mir und Gott oft nicht gewahr werde. Deshalb kann ich mit dem Zöllner an meine Brust schlagen und beten: „Gott, sei mir Sünderin gnädig. Gott, Du bist die Quelle meines Mutes und die Quelle meiner Demut! Ich will Dich in mein Leben einlassen. Komm!“
Hanna Strack
Der barmherzige Samariter
Wir fuhren mit dem Bus von Jericho aus in das judäische Gebirge in Richtung Jerusalem. Hoch oben hielt der Bus an der Stelle, an der der Mann überfallen worden sein könnte, den der barmherzige Samariter dann versorgte und in einer Herberge abgab. Wir stiegen aus, um die Atmosphäre in der Steinwüste zu erleben. Hinter diesem steinigen Berg konnte es gewesen sein! Jesus hat die Geschichte vom Mann aus Samaria, der den Überfallenen verpflegt, erzählt, um uns zu zeigen, was für ihn das wichtigste ist: Zuerst der Mensch, dann die priesterliche – wir sagen heute: die kirchliche Ordnung! Der Levit und der Priester hatten den verwundeten Mann liegen gelassen, um ihren Weg zum Tempel fortzusetzen. Der Mann aus Samaria, einem Landstrich, in dem die Menschen nicht streng gläubig waren, hatte Erbarmen und half. Die Frage an uns lautet: Welches sind Ihre, welches sind meine Prioritäten? Was ist uns am wichtigsten, wer kommt zuerst? Lassen Sie uns darüber nachdenken im Laufe der nächsten Woche!
Hanna Strack
15. Sonntag nach Trinitatis
Als mein Sohn den Führerschein gemacht hatte und zum ersten Mal abends in die Stadt fuhr, da machte ich mir Sorgen. Was passiert, wenn er am Straßenrand liegt und blutet? Wo bin ich dann? Zuhause im Bett! Was kann ich dagegen tun? Nichts! Das war ein unerträglicher Zustand. Sorget nicht! So sagt Jesus in der Bergpredigt im Matthäusevangelium. Könnt ihr eurem Leben – und ich ergänze – dem Leben eurer Kinder nur eine Elle zusetzen? Ja, ich möchte wohl! Ich nahm das Telefon mit ans Bett, es war in der Zeit vor den Handys. Und dann betete ich: Gott, ich gebe dieses Kind zu Dir rüber, auf Deine Seite. Lass es lange leben! Am nächsten Morgen erfuhr ich, dass mein Sohn an die Bordsteinkante gefahren war, Reifen kaputt. Ich lobte Gott. Solch ein kleiner Dämpfer, das ist eine gute Warnung. Er wird in Zukunft nicht übermütig fahren. Hier in Mecklenburg, wo ich jetzt wohne, sterben viele junge Menschen auf den Straßen. Sorget nicht! Um diesem Gebot Jesu gehorchen zu können, müssen Eltern eine gute Selbstachtung in ihren Kindern fördern, damit sie nicht auf den Straßen ihren Übermut austoben!
Hanna Strack
Die Syrophönizierin
„Frau, Dein Glaube ist groß; es geschehe, wie du willst.“ Wer sagt das zu welcher Frau? Jemand muss sehr beeindruckt sein von der Art und Weise, wie diese Frau ihren Glauben lebt. Und er gibt ihr auch noch Recht. Es war Jesus, der das sagte, der den Glauben einer Frau aus dem Nachbarland für so stark hielt, dass er ihr ihre Bitte erfüllte und ihre Tochter heilte. Was hatte die Frau denn getan? Nun, sie hatte gehört, dass Jesus in der Nähe sei und lief zu ihm hin. „Meine Tochter ist an einer akuten Depression erkrankt. Hilf ihr bitte, heile sie!“ Die Mutter leidet mit dem kranken Kind. Deshalb redet sie viel zu laut, sie schreit und geht den Jüngern auf die Nerven. Und dann die bittere Enttäuschung: Jesus will ihr nicht helfen, weil er nur für das eigene Volk da ist. Eine Mutter aber gibt nicht auf: „Auch die Hunde bekommen von den Brosamen, die vom Tisch ihrer Herren fallen!“ Damit überzeugt sie Jesus. Und Jesus ist bereit, von dieser Frau zu lernen. So groß ist der Glaube dieser Mutter. Alle Mütter wünschen sich, dass ihr Glaube ihre kranken Kinder heilen möge und wie oft ist dieser Glaube die Kraft zur Besserung!
Hanna Strack
19. Sonntag nach Trinitatis
Nur nicht aufgeben! Wie viele Kranke leben nach diesem Motto und wie oft hilft es! Viele Kranke machen sich auf die Suche nach den heilenden Kräften des Lebens. Um wie viel mehr, wenn sie hören, dass jemand in der Nähe ist, der heilende Kräfte besitzt. So geschah es in einem kleinen Ort namens Kapernaum. Er liegt am See Genezareth. Ein gelähmter Mann wird von seinen Freunden und Nachbarn in das Haus gebracht, wo Jesus eingekehrt war. Es kam aber anders: Sie wollten ihn hinbringen, aber die Menschenmenge dort war so groß, dass sie nicht durchkamen. Welche Sehnsucht, gesund zu werden, hat doch jeder Kranke! Nur nicht aufgeben! Man hob ihn hoch auf das Flachdach, riss die Decke auf und von dort ließ man ihn runter direkt vor Jesu Füßen. Jesus war beeindruckt von so viel Glauben, von so viel Sehnsucht nach Heilung! Krank ist, wer sich von Gott abgesondert hat – so dachte man damals – und Jesus sagte ihm deshalb diesen Heil bringenden Satz: „Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben!“ Und dann ermunterte er ihn: „Steh auf, nimm dein Bett und geh!“
Hanna Strack
20. Sonntag nach Trinitatis
Ehescheidungen tun weh. Sie sind oft mit gegenseitigen Vorwürfen und Verletzungen verbunden. Es gibt gute Lebensberatungsstellen, die helfen, dass die seelischen Wunden wieder langsam heilen. Die wirtschaftlichen Sorgen sind noch groß genug. Als der Mann aus der gemeinsamen Wohnung auszog, bemühte die Frau sich, alles so gut zu gestalten, dass ihre Kinder dennoch Geborgenheit spürten. Ja, es ist unseres Herzen Härtigkeit und immer haben beide Partner daran Schuld, wenn auch auf unterschiedliche Weise. Aber es ist auch gut, dass sich Menschen, die sich gegenseitig nur noch zur Last fallen, trennen können. Jesus weiß, dass es keine heile Welt gibt. Deshalb wünscht er uns allen, dass wir von Gott selbst zusammengefügt seien, damit wir uns nicht scheiden lassen müssen. War Gott denn abwesend, als das Paar damals heiratete? Haben sie nicht gemeint, aus Liebe zu heiraten? Dann wäre jede Scheidung eine Anklage gegen Gott: „Warum hast du uns ins Scheitern rennen lassen?“ Aber Gott fällt ja nicht unsere Entscheidungen, sondern bleibt uns treu in den Stromschnellen unseres Lebens.
Hanna Strack
Vorletzter Sonntag
Wer schon mal auf der Wartburg war, erinnert sich: Dort wird das Andenken an Elisabeth von Thüringen bewahrt, die ihr fürstliches Leben aufgab, um sich der Krankenpflege zu widmen. Deshalb sind dort die sieben Werke der Barmherzigkeit in großen Bildern dargestellt: Hungrige speisen – Durstige tränken – Obdachlose beherbergen – Nackte bekleiden – Kranke und Gefangene besuchen – Tote bestatten. Das sind die leiblichen Werke. Es gibt dementsprechend auch sieben geistliche Werke, das sind: Unwissende lehren – Zweifelnde raten – Trauernde trösten – Irrende zurechtweisen – Unrecht geduldig ertragen – Beleidigungen verzeihen – für Lebende und Tote beten. Das ist ein gutes Lebensprogramm. Aber wir sollten uns nicht übernehmen. Sie und ich, wir können vielleicht nur eines dieser Werke tun, denn wir haben sehr unterschiedliche Gaben und Kräfte und sind nicht immer gleich belastbar. Auch dann, wenn wir uns sehr beschränken, haben wir Gottes Willen erfüllt.
Hanna Strack