Olympia Fulvia Morata 1526-1555
Johann Frauenlob schreibt 1631 in seinem Buch „Die lobwürdige Gesellschaft der gelehrten Weiber“:
„Olympia Fulvia Morata, Eine Jungfraw von Ferrar in Italia / diese ist eine solche fürtreffliche gelehrte Person gewesen / daß billich eine Fürstin unter den gelehrten Weibern mag genennet werden / denn sie nicht allein in der Griechischen und Lateinischen Sprach hochgelehrt und erfahren gewesen / sondern hat auch allbereit im 16. Jahr jhres Alters / zu Ferrar öffentlich die Paradoxa Ciceronis profitirt und gelesen / hernachmals Commentaria in Homerum, wie auch etliche Dialogos, viel Episteln unnd allerley zierliche Carmina, Psalmen und andere Epigrammata, in Griechischer und Lateinischer Sprach geschrieben / darüber sich alle Gelehrtte verwundert haben / …
Sie ist umb deß Christlichen Glaubens willen auß Italia inTeutschland gezogen / da sie denn Andreas Grundlerus von Schweinfurt / der Artzney Doctor geehlichet / und haben eine zeitlang mit einander zu Schweinfurt gewohnet / Als aber dieselbe Stadt außgebrant / und jhre Bücher unnd viel guter Schrifften / so sie gemacht / durchs Fewer unnd Blünderung umbkommen / ist sie mit jhrem Herrn gen Hammelburg entwichen / nachmals aber mit gen Heidelberg / allda er Professor Medicinae worden / gezogen / doselbst hat sie Philosophiam in Griechischer und Lateinischer Sprach Privatim, mit grossem Lob und Verwunderung gelesen / Ist auch endlich allda gestorben den 26. Octobr. Anno 1555. jhres Alters 29. Jahr.
Olympia Fulvia Morata zählt zu dem Kreis der HumanistInnen, die zu Beginn der Neuzeit die griechische und lateinische Literatur wieder entdeckten.
Sie reimt selbst:
„Ich war, Frau von Geburt, verließ doch die Werke der Frauen:
Körbe und Spulen mit Garn, Fäden zum Zettel gespannt.
Mit schenken Freude die blühenden Auen der Musen,
die Chöre auf dem hohen Parnaß,
welcher sich zweifach erhebt.
Andere Frauen mögen an anderen Dingen sich freuen:
dies allein bringt mir Ruhm, dies allein ist mein Glück.!“
Olympia Morata ist vom Geist des lutherischen Glaubens ergriffen, nachdem sie tiefe menschliche Enttäuschungen in Ferrara nach dem Tode ihres Vater erleben musste. Sie schreibt zu Joh 3,13 aus eigener Erfahrung:
„Wie die eherne Schlange in der Wüste die vom tödlichen Biss der Schlangen Getroffenengenesen ließ, so findet die vom Bösen verwundete Seele die Heilung im Aufblick zu dem Sohn Gottes am Kreuz.“
So schreibt sie an einen Freund:
„Ich sende Dir einige Schriften des Doktors Martinus, die mich beim Lesen so sehr erfreut haben, das sie auch Dich ansprechen und erquicken könnten. Gib Dich doch ganz diesen Studien hin und flehe Gott an, dass er Dich in der wahren Frömmigkeit erleuchte. Glaubst Du denn, Gott lüge, wenn er allen, die seine Hilfe anrufen, so große Verheißungen gibt, und sie nicht retten wolle? Er lädt ja in seiner Barmherzigkeit alle zu sich ein und lockt sie, er nimmt niemanden aus. Darum lege jenen alten Irrtum ab, in dem wir früher unterwiesen worden sind, als wir meinten, man müsste, ehe man ihn anrufen könne, wissen, ob er uns von Ewigkeit her erwählt habe, anstatt dass wir, wie er selbst gebietet, zuerst seine Barmherzigkeit anflehen.“
In Schweinfurt in einem Kreis von Gleichgesinnten trägt sie ihre Psalmdichtungen selbst vor und begleitet sich dabei auf der Laute.
In der Peterskirche in Heidelberg steht ihr Totengedenkstein, und ein Gymnasium in Schweinfurt ist nach ihr benannt. Die Frucht ihres frohen evangelischen Glaubens schlägt sich nieder in dem Gespräch auf dem Sterbebett, das ihr Mann einem Freund berichtet:
„Wenige Stunden vor ihrem Ende erwachte sie aus einem kurzen Schlummer und schien mir, von einer unbekannten Seligkeit erfüllt, wein wenig zu lächeln. Ich näherte mich ihr und fragte, warum sie so süß gelächelt habe: ‚Ich sah, antwortete sie, noch im Schlafe einen Ort, der vom schönsten klarsten Lichte erfüllt war.’ Da sie vor Schwäche nicht weiter sprechen könnte, sagte ich: ‚Wohlan, mein Weib, sei getrost, in jenem wunderschönen Lichte wirst du leben.’ Da lächelte sie noch einmal, nickte ein wenig mit dem Kopf und sagte bald darnach: ‚Ich bin glücklich, ganz glücklich.’ Weiter sprach sie nichts mehr bis zu dem Augenblick, da ihr Augenlicht schon verschwommen war: ‚Ich kann euch kaum mehr recht erkennen, es scheint mir aber alles rings umher voll der schönsten Blumen zu sein.’ Das waren ihr letzten Worte, bald darauf hauchte sie wie in süßem Schlaf ihren Geist aus.“
Maria Heinsius: Das unüberwindliche Wort, München 1951
Elisabeth Gössmann (Hg.) Archiv für philosophie- und theologiegeschichtliche Frauenforschung, iudicium Verlag, München
Band 2, 2. Aufl. 2000: „Evas Gottes Meisterwerk S. 152 + 367,
Band 3 1990: Faksimile von „Das öffentliche Cabinet des gelehrten Frauenzimmers“ von Johann Caspar Eberti, Neokirchensem Silesium, Nachdruck 1706, und Schlesiens Hoch= und Wohlgelehrte Frauenzimmer, Nebst unterschiedenen Poetinnen, so sich durch schöne und artige POESIEN bey der curieusen Welt bekandt gemacht. Breßlau 1727, S. 255-259
Zitate mit freundlicher Genehmigung des iudicium Verlag München
Hanna Strack