Mercy Amba Oduyoye geb.1936 in Ghana
Theologin der Methodistischen Kirche Ghanas
Christliche Feministin in Afrika
Ihre Mutter war gerade bei der Ernte auf der Kakaoplantage, als sie ihr Kind gebar. Der Großvater pflanzte zur Erinnerung an die Geburt eine besondere Yamswurzel auf der Farm.
Mercys Mutter stammte aus der Volksgruppe der Asante und Brong, die im Süden des Landes wohnt. Bei ihr gilt das Mutterrecht, d.h. es ist ein Segen, wenn eine Tochter geboren wird. Der Vater war Prediger der methodistischen Kirche in Ghana. Er unterstützte die begabte Tochter, sodass sie gute Schulen besuchen und Theologie studieren konnte. Sie machte eine internationale und akademische Karriere, war Dozentin an den Universitäten Ibadan in Nigeria, an der Harvard Divinity School in Cambridge (USA), hatte leitende Positionen inne beim Ökumenischen Weltrat der Kirchen in Genf und bei der „All Africa Conference of Churches“. Sie bekam 1991 die Ehrendoktorwürde der Universität Amsterdam, sie schrieb viele Artikel und Bücher und ist Herausgeberin vieler Aufsatzbände.
„Ich will eine für AfrikanerInnen relevante Theologie schaffen“, schreibt Mercy Amba Oduyoye. Was meint sie damit? Es ist eine Theologie, die inmitten des Dramas des alltäglichen Lebens gelebt werden kann. Wer ist also Jesus von Nazareth für afrikanische Frauen und Männer? Wie ist er vor dem Hintergrund der traditionellen Religionen Afrikas und dem Islam zu verstehen? Jesus ist der Retter, der Menschen aus lebensfeindlichen und lebenszerstörenden Situationen rettet, er ist der Freund und Begleiter, der Gefährte, der die Macht des Bösen bricht und der den Menschen auf der Reise durch ihr Leben die Kraft und das Durchhaltevermögen gibt und der die Frauen ermutigt, sich als Töchter Gottes selbst zu bejahen. Sein Sterben am Kreuz ist Folge seine Liebe zum Leben und so ist es auch Aufgabe Afrikas, den Tod in Leben zu verwandeln.
Wovon müssen afrikanische Frauen befreit werden? Von Hunger und Armut, von Krankheiten und bösen Geistern, von wirtschaftlicher Unterdrückung und politischer Repression, von der Entfremdung von den eigenen Wurzeln durch Kolonisation und europäischem patriarchalem Christentum, von frauenfeindlichen Bräuchen und Riten der afrikanischen Kultur, vom negativen Frauenbild, von sozialen Strukturen, die das volle Personsein der Frauen mindern.
Es ist die Tradition der mütterlichen Linie, die Mercy Amba Oduyoye zur feministischen Theologin macht. „Meine Mütter waren Führerinnen, leidenschaftlich und fürsorgend, aus sich selbst heraus motiviert und willens- und charakterstark“. Ihre Großmutter war Groß- und Einzelhändlerin im Fischgeschäft auf den berühmten Märkten Westafrikas, die Institutionen von Frauen sind und die nicht nur kommerziellen Zwecken dienen. Im Volk der Asante und Brong waren es die Frauen, die das Sagen hatten. In der von Männern dominierten methodistischen Kirche war es eine Folge dieser Frauenkultur, dass die Frauen das Evangelium als Gesang weitergaben. Mitten in der Predigt stimmt die Kantorin den Gesang an, der den Inhalt kurz zusammenfaßt.
„Ich muß die Nährstoffe für meine Theologie aus den Brüsten meiner Mütter saugen, deren Erfahrungen von Kirche und Leben meiner eigenen viel näher sind“.
So wird das Wort „Mothering = Mütterliches Handeln“ zu einem Zentralbegriff, der die Privatsphäre übersteigt und in der Gemeinschaft wirksam wird. Mothering bedeutet: Das Beste in den Mitmenschen zutage fördern. Diese fürsorgende, lebenschützende und lebenfördernde Haltung ist nicht an das biologische Geschlecht gebunden, auch Jesus übt das „Mothering“.
Ganz überraschend für uns in Deutschland ist auch ihr Verständnis der Trinität. Sie sagt, es sei ein ethisches Modell von nichthierarchischer Gemeinschaft, in der die Einmaligkeit und Verschiedenheit der Einzelnen gewahrt ist und gleichzeitig eine Beziehung von wirklicher Gegenseitigkeit besteht (Strahm S.210). Denn Gott ist aktives Zentrum der Beziehung und der Interaktion, wobei keine der drei göttlichen Personen einer anderen untergeordnet wird.
Mercy Amba Oduyoyes Botschaft an uns heißt: „Sei eine Frau. Du solltest nur lebenserhaltende Dinge erstreben und dich dafür einsetzen. Ändere dich nicht einfach, weil sich die Zeit ändert – lass die Zeit sich ändern, weil es dich gibt. Führe eine Veränderung herbei!“
Hanna Strack
s.auch: M.A.Oduyoye: Sei eine Frau, und Afrika wird stark sein, in: In den Gärten unserer Mütter, Religiöse Erfahrungen von Frauen heute, hrg von Letty M.Russell, frauenforum Herder
Doris Strahm: Vom Rand in die Mitte. Christologie aus der Sicht von Frauen in Asien, Afrika und Lateinamerika.Edition Exodus 2.Aufl. Luzern 1997
„In meiner eigenen Theologie unterscheide ich zwischen opfern und geopfert werden. Die Kirche opfert viel zu viele Frauen auf dem Altar des Patriarchats. Dennoch gibt es Frauen, die bewußt und vorsätzlich in der Kirche bleiben und sich darum bemühen, die Zukunft schon in einer unterdrückten Gegenwart zu leben. Ein solches Opfer ist lebendig und stärkend.“ Gärten S.50