Hanna Strack » Jesus, der innere Begleiter

Jesus, der innere Begleiter

 

Wir Menschen haben ein reiches seelisches Innenleben. Freude und Hass, Liebe und Angst, Verletzungen und seelische Narben, Sehnsucht nach einem erfüllten Leben und vieles andere ist da zuhause.

Die meisten Menschen haben auch eine innere Begleitung, eine Begleiterin wie eine bestimmte  Musik, einen Engel. Im Märchen von den drei Brüdern ist der Begleiter personifiziert im Fuchs. Er berät den jüngsten Bruder, er bleibt ihm treu, auch wenn er Fehler macht, ja er errettet ihn aus großer Not. Innere Begleiter sind Verbündete, die einem nicht im Stich lassen.

 

Woher kommt diese innere Kraftquelle? In unserem Leben vor der Geburt haben wir alle die Erfahrung machen können, dass da eine Verbündete ist, nämlich die Plazenta, auch Mutterkuchen genannt. Diese hat uns ernährt und Kraft zum Wachsen gegeben. Das hat sich in unser Körper-Gedächtnis eingeprägt.

 

Für mich ist Jesus solch ein innerer Begleiter. Warum das?

 

Ich habe vier Erfahrungen gemacht mit diesem meinen Verbündeten:

1.

Worte Jesu haben mich wochen- oder monatelang begleitet. „Wer die Hand an den Pflug legt, ist nicht geschickt zum Reich Gottes.“ Das war in einer Zeit, als mein bisheriges Leben so nicht weiter gehen konnte. Ich richtete mich nach vorne aus. „Wer an mich glaubt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“ Das war eine Zeit, in der ich  meine eigene Kreativität entdeckte. „Hütet euch vor den Wölfen, die in Schafspelzen daher kommen!“ Dieses Wort half mir, mich von einem Menschen zu lösen, der mich hereinlegen wollte, was ich lange nicht merkte.

2.

Die Heilungsgeschichten, die von Jesus berichtet werden, gaben mir den Impuls, mit aufrechtem Gang durch meine Probleme zu gehen. „Mädchen, ich sage dir, stehe auf!“ Mit diesem Ruf hat Jesus die Tochter des Jairus auferweckt. Das hat mir immer wieder den Impuls gegeben nicht zu resignieren. Ebenso die Heilung der gekrümmten Frau, die durch Jesu Ansprache sich wieder zu voller Größe aufrichtete. Ich habe mich oft gefragt, wie wohl die Familie dieser Frau damit zurecht gekommen ist, dass sie nun nicht mehr gebückt die stets dienende Rolle spielte. Und ebenso: „Dein Glaube hat dir geholfen!“ Solche Sätze machen stark!

3.
Orientierungshilfe bei dem, was ich tun sollte, gab mir die Goldene Regel aus der Bergpredigt: „Alles, was ihr wollt, das euch die Leute tun, das tut ihr ihnen auch!“ Wichtig war mir dabei, dass das kein Verbots-Satz war wie das sprichwörtlich bekannte Wort „Was du nicht willst, das man die tu, das füg auch keinem anderen zu!“ Nein, die Goldene Regel ruft dazu auf, sich etwas einfallen zu lassen, Fantasie zu entwickeln. Das finde ich gut.

4.
Lange war mir das Kreuz Jesu zu sehr im Mittelpunkt der Kirche gestanden. Es macht ja nicht nur traurig, es ist auch sadistisch, sich diese Qual immerzu anzusehen auf den Kruzifixen. Dann entdeckte ich eines Tages, dass das Kreuz und die Auferweckung Jesu verstehen kann als „Kreuz als Lebensbaum.“ Damit ist gemeint, dass aus totem Holz neues Leben wachsen kann. Wieder solch ein Impuls zur Daseinsentfaltung, aber auch ein Aufruf zum Widerstand gegen die todbringenden Kräfte in der Welt.

 

Alles in allem ist mir Jesus ein innerer Begleiter, der mir Lebensmut, Kreativität, neue Kräfte und Orientierung gibt. Für mich ist er eine Autorität und mehr noch, die Stimme Gottes. Insofern ist Jesus für mich auch der Gottes Sohn ist. Er ist ja auch der Sohn der Maria von Nazareth. Ich weiß nicht, ob ich seine Mutter hätte sein wollen. Sie muss bei seinem Tod sehr gelitten haben, aber sie war ja auch eine seiner ersten Jüngerinnen.