Hanna Strack » Gebete mit neuen Gottesbildern

 

Du grünes Zelt, du meine Gottfrau!

In dir finde ich Heimat und Geborgenheit

wie im Wald, dem grünen Zelt.

In dir gewinne ich Klarheit über mich selbst.

Wer bin ich, wer bin ich nicht?

Bei Dir kann ich die Wahrheit erkennen,

unter deinem Zelt sind alle versammelt,

die guten und die morschen Bäume, die Tiere und die Pilze.

du bist der Raum meiner Freiheit.

Dafür danke ich Dir!

Bleib bestehen für uns alle,

die wir unseren Weg suchen und in Dir finden wollen!

Wir wollen auch in Dir bleiben, mit

allem, was in Dir webt und lebt! Amen

 

Zum Glas Rotwein heute Abend bist du, meine Gottfreundin, zu mir gekommen. Dafür danke ich dir.

Der Tag war wieder voll übler Nachrichten: Skandale um Missbrauch, Kardinäle schützen Täter. Banken beteiligen sich an Geldwäsche. Männer wollen Krieg führen statt der Diplomatie trauen, kleine Scharmützel, die aber Leben vernichten.

Lass uns darüber sprechen. Wie siehst du das alles? Auch die Flüchtlinge, die nicht weiterkommen? Warum fliehen sie? Warum finden sie kein menschenwürdiges Zuhause?

Du schüttelst den Kopf und trinkst noch einen Schluck aus dem Glas: „Ich verstehe die Menschen nicht, sie haben doch Verstand und Fantasie, um Lösungen zu finden!

Ich will sie hinlenken zur Weisheit im Umgang miteinander. Ich will ihnen die Augen öffnen, damit sie genau hinsehen, ich will ihnen den Mut geben, dass sie anprangern, was kriminell ist.“ Du machst eine Pause? „Ja, ich weiß doch, dass die Menschen es selbst einsehen müssen. Deshalb sende ich ihnen den kritischen Geist und die menschliche Güte. Das ist alles, was ich kann.“ Amen

 

Gott, du tröstlicher Baum!

Ich lehne mich mit meinem Rücken an dich,

ich umkreise dich,

ich schaue in deinen Wipfel,

ich setze mich zu deinen Füßen,

ich setze mich zu deinen Wurzeln.

Ich rieche deine Rinde und deine Blätter,

im Frühjahr duften deine Blüten in meine Nase.

Gott, du tröstlicher Baum!

Ich schaue hinunter zu den Käfern und Ameisen

Und schaue hinauf in den Himmel über dir.

Ich gehöre zu allem, was dich umgibt

So verbindest Du mich mit Himmel und Erde.

Gott, du tröstlicher Baum!

Bleib mir immer treu,

gib mir von deiner Kraft,

lass sie in mich fließen.

Gerne möchte ich unter deinen Ästen sterben

und begraben werden. Amen

 

 

Du, meine Freundin Gott,

lass uns Hand in Hand durch diese Menschenwelt gehen.

Lass uns den Menschen begegnen, die kreativ sind und anderen, die gütig sind.

Und lass uns die stillen Dulderinnen und Diener begrüßen und ehren.

Du, meine Freundin Gott,

halte mich fest an deiner Hand, wenn wir die Grausamkeiten antreffen

und so erschrocken sind über das Furchtbare,

was Menschen sich gegenseitig antun.

Mich macht es sprachlos und ich spüre, dass auch du entsetzt bist und leidest.

Du, meine Freundin Gott,

lass uns dann noch die Mütter mit den Neugeborenen begrüßen.

Sie werden die Zukunft gestalten, soweit es ihnen noch möglich ist. Gib ihnen deine ganze Segenskraft, damit sie stark sind und keine unnötigen Belastungen haben.

In ihnen begegnen wir Frauen mit ihrer Schöpfungskraft.

Du, meine Freundin Gott,

bei den Sterbenden und Trauernden lass uns sitzen bleiben, damit sie nicht allein sind. Sie mögen erfahren, dass unser Menschenleben nur eine kurze Zeitspanne in der großen Menschheitsgeschichte ist. Sie können darauf vertrauen, dass bei dir Licht und Wärme ist.  Amen

 

 

Ich muss mit dir sprechen, meine Gottfrau!

Du warst die Hebamme, die mir beigestanden hat, als ich es endlich hinaus geschafft hatte aus meiner Mutter Leib. Und du hast meiner Mutter so viel Milch gegeben, dass sie noch Ammer eines anderen Kindes sein konnte!

Diese deine Hilfe zum Leben – ich brauche sie heute wieder ganz dringend!

Ich stecke in einer Krise, die mich zu ersticken droht. Hilf mir, due meine Hebamme, dass ich es schaffe, da lebend heraus zu kommen. Dann steh mir bei, dass ich wieder einen Platz im Leben finde, an dem ich tief Luft holen und atmen kann.

Lass mich nicht allein in der Krise und in der mühevollen Geduldsarbeit, da wieder heraus zu finden. Amen

 

 

Du meine innere weise Frau!

Ich bin wieder den schwierigen Weg zu dir gegangen, um dich um Rat zu fragen. Ich bin recht durcheinander, denn etwas katapultiert mich aus der sicheren Geborgenheit meines Alltags hinaus.

Es macht mich so unsicher: Wer bin ich, wer bin ich nicht? Manche legen mich fest, auf das, was ich war. Aber ich habe mich so verändert. Bin ich nun die Neue oder die Alte oder beides?

Du meine innere weise Frau. Was schenkst du mir zum Abschied? Nein, nicht einen Strauß bunter Blumen, das ist mir zu viel! Da plötzlich sehe ich, dass alle Blumen weiß werden. Nein – auch das will ich nicht, es erinnert mich an den Tod!

Nun zeigst du mir, dass in den weißen Blüten kleine grüne und rote Blättchen und Früchte wachsen. Du sagst mir damit, dass auf die Frage, wer ich nun bin, langsam Antworten heranwachsen. Sie werden auf mich zukommen!

Ich danke dir. Ich nehme den Strauß mit nachhause!

So hast du Rat gesprochen. Amen – So sei es!

 

 

Ich wandere mit schwerem Rucksack durch die Tiefen und auf die Höhen meines Lebens.

Gott – du bist meine Herberge. Immer wenn ich Ruhe brauche und neue Kraft auftanken muss, kehre ich bei dir ein. Bei dir, Gott meine Herberge, ist es warm, einfach und gemütlich.

Dann wandere ich weiter und zu meiner Freude ist mein Rucksack leichter geworden. Es sind weniger Steinen drin, die ich von früher Jugend an beiseite räumen musste, um meinen eigenen Weg zu finden.

Ich vertraue darauf, dass du, Gott meine Herberge, immer wieder am Wegesrand stehst, auch wenn ich alt und müde werde. Danke! Amen

 

Du große Schöpferin!

Du bist bei uns in der vollkommenen Schönheit eines kleinen Kindes, eines eleganten Pferdes, einer Landschaft. Die Schönheit ist ein Geschenk von dir an uns!  Ich möchte Schönheit, wo immer sie mir begegnet, achten und ehren, ja dem Respekt erweisen, was du geschaffen hast! Amen

 

In dir, meine Mutter Gott,

ruhe ich wie im Schoß meiner Mutter!

Da bin ich geborgen, geschützt,

da bin ich ernährt und getragen.

Da war es warm und ich genoss das Schaukeln.

Da erlebte ich Angst und Trost,

wenn ich geweint habe.

So bist du, Gott, mein Mutterschoß.

Ich spüre, dass du bei mir bist. Amen

 

Warst du, Gott mein Schutzengel,

als ich um hundertstel Sekunden überfahren wäre,

als ich ein Schild übersah

und auf der Autobahn die Gruppe der Straßenarbeiter

getötet hätte?

„Nein, sagst du, ich bin kein Schutzengel.

Sonst wären alle Menschen gerettet worden.

Ich bin aber immer da, wo du bist!“

„Ach, deshalb, sage ich, bin ich so dankbar,

dass kein Unglück passiert!

Ich stelle mir doch einen Schutzengel vor!“

 

 

Am klaren Gebirgsbach fühle ich deine Gegenwart.

Du bist dieses sprudelnde Wasser, so lebendig und rein!

Ich schaue hinunter, wie das Wasser über die Steine springt,

wie die Fischlein sich tummeln, wie die Moose am Ufer grünen.

So erlebe ich dich auch, Gott, wie dieser klare Gebirgsbach! Amen

 

 

„Was hat mein Leben für einen Sinn?

Das frage ich dich, meine Göttin!

Ich bin alt, einsam, schmerzgeplagt.“

Ich höre deine Antwort:

„Dein Leben hat den einen Sinn, Güte zu verbreiten.

Gütig sein und zeigen, wie heilsam Güte ist.“

„Doch, so frage ich dich, warum sollte ich das können?

Wo ist die Quelle für meine Güte?“

„Du bist getragen von der Liebe,“ sagst du.

 

Wie Bäume auf festem Grund

so strecken wir unsere Wurzeln zu dir, Gott.

Du nährst uns,

du stärkst uns.

Die Frucht unseres Lebens wächst aus deiner Kraft.

Lob und Dank sei dir in Ewigkeit.

 

Gott, du bist die Stille!

Du umgibst mich von allen Seiten, du schützt mich vor dem Lärm der allzu geschäftigen Menschen, Autos und Maschinen.

Ich lausche in dich hinein, du meine Stille.

Der Ruf des Kuckucks unterbricht stört mich nicht.

Ich höre deine zarte Liebesworte.

Ich höre die Musik der Sterne.

Gott, du bist die Stille!

 

Gott, du schöpferische Kraft,

du trägst das Universum in deinem Schoß.

Wir blicken in den Sternenhimmel und schauen –

Wie klein, wie ohnmächtig sind wir!

Wir halten ein neugeborenes Kind in unseren Armen –

Wie stark, wie schöpferisch sind wir!

Klein und groß zugleich.

Du trägst das Universum in deinem Schoß,

du trägst auch uns.

Dir sei Ehre in Ewigkeit.

 

 

Gott, du Quelle des Lebens,

die mir zufließt und

du bist die Quelle, die in mir fließt.

Du lässt mich träumen von einer neuen Welt.

Dort wird das Wasser des Lebens fließen,

dort werden Bäume grüne Blätter tragen

und Völker werden Heilung finden.

Du gibst mir den Mut,

schon jetzt aus dir, der Quelle des Lebens, Kraft zu schöpfen.

Dafür danke ich dir! Amen

 

Du, meine Gottfrau, meine umfassende Liebe,

die du alles umfängst

und mir so eine Heimat schenkst,

die du den Faden meines Lebens in deinen Teppich webst

und mich so in Zeiten

der Unsicherheit festhältst,

die du mich verbindest mit der Erde

und allem, was aus ihr wächst

und mich so auch im Tod umarmen wirst!

Ich danke dir aus tiefstem Grund! Amen

 

Tänzerin, du meine Göttin!

Lass uns zusammen durch das Leben tanzen.

Wir kommen uns ganz nahe.

Wir gewinnen wieder Abstand.

Wir tanzen nach den Rhythmen des Lebens.

Weiß ich ja doch, dass wir zusammenbleiben,

ein Paar beim Tanzen durch das Leben.

 

 

Gebet zu den Wandlungen eines Weizenkorns.

Gott, du Schöpferkraft, du bist und wirkst im kleinen Weizenkorn.

Öffne mir die Augen, dass ich es vor meinem inneren Auge wachsen und reifen sehen kann.

Denn ich erkenne, dass die Natur deine Heimat und Wirkungsstätte ist.

 

Die Erde um das kleine Korn ist dunkel und feucht.

Sie ist seine Nahrung. Hier in der Erde hast du es ruhen lassen,

ihm die Zeit gegeben, ist es aus eigenem Antrieb die ersten Keimblätter herauf wachsen ließ.

Zwischen den Erdkörnern und den kleinen Tieren hat es sich wohlgefühlt. Jetzt aber ist etwas Neues dran: das Korn wächst und gedeiht,

es treibt der Sonne entgegen.

Das ist seine erste Wandlung.

 

Dank Sonne und Regen wird es reif sein

und zu Mehl gemahlen wird es unser täglich Brot werden.

Zusammen mit dem Weizenkorn bestaunen und bejubeln wir dich Gott,

du Schöpferkraft. So wie bei dem Weizen bist du auch in allen unseren Wandlungen gegenwärtig, du Lebenskraft.

Auch wir beginnen als kleine befruchtete Eizelle,

bleiben im Dunkeln, bis die Zeit zur Geburt da ist.

 

Wir wachsen und gedeihen,

auch wir suchen dabei die Sonne und die Wärme.

Und wenn wir sterben kehren wir wieder zurück in deinen Schoß,

denn du bist auch unsere Mutter Erde.

Dank sei dir aus tiefstem Herzensgrund. Amen

 

 

Du Erdmutter Göttin!

Ich strecke die Wurzeln meines Lebensbaumes

in deine feuchte Erde.

Wenn Dürrezeiten kommen,

wirst du mit deinem Lebenssaft mich erhalten!

Wenn Sturm über mich hereinbricht,

wird deine Lebenskraft mich stärken.

Dank sei dir! Amen

 

 

Du wunderbare göttliche Weberin!

Du hast meinen bunt schillernden Lebensfaden

in dein Gewebe eingelassen.

Dafür danke ich dir heute.

 

Bald haben mächtige Fäden mich umgarnt

Und mich in große Angst getrieben.

Doch du hast meinen Faden

Neu verwoben mit einem weisen Faden,

der ich frei werden ließ

und mir zu neuer Lebensfreude half.

Dafür danke ich dir heute.

 

Ich vertraue darauf,

dass ich deinem Gewebe

frei und doch gehalten bleibe.

So leuchte ich im Gewebe des Lebens,

bis ich darin ganz aufgehe.

Heute danke ich dir dafür! Amen

 

 

Jeden Morgen öffne ich meine Hände

Und ein farbenfroher Regenbogen

Spannt sich von einer Hand zur anderen.

Darunter versammelt sich alles Lebendige,

auch alle meine Lieben:

Meine Kinder und Enkelkinder,

meine Freundinnen nah und fern.

Es ist der Bogen des Segens,

den ich ihnen allen sende. Amen

 

 

Gottfrau, du meine Seelsorgerin!

Dir kann ich alles erzählen, was ich erlebe bei Tag und in der Nacht.

Dir sage ich alles, was mich hoch beglückt und was mich sehr betrübt.

Gottfrau, du meine Seelsorgerin! Mir hat wieder einmal geträumt von meinem Vater, der vor 81 Jahren, in den Krieg zog. Ich war damals 3 Jahre alt, und habe immer wieder spontan um ihn geweint. Dann – es war vor 75 Jahren – jagten Bomber über das Dorf und eine der Bomben hat ihn getötet. Und wieder habe ich von einem anderen Abschied geträumt. War es mein erster Verehrer? Eine unfertige Beziehung.

Diese Träume beschäftigen mich sehr, sie gehen mir sehr nahe. Dieser Traum hat mich so traurig gemacht.

Gottfrau, du meine Seelsorgerin! Nun erzähle ich es dir.

Du weißt, wie tief die Wunden im Körper ruhen,

die körperlichen. Auch die seelischen Wunden haben sich in den Körper eingeprägt.

Begleite mich treu bis zu meinem Sterben, damit ich immer wieder dir, meiner Seelsorgerin, alles erzählen kann, was mich so tief berührt. Amen

 

 

Sing mir das Lied von der Liebe,

du liebende Gottmutter!

Sing mir das Lied vom Erbarmen,

du barherzige Göttin!

Sind mir das Lied von der Gnade!

Du gnädiger Gott!

So bin ich getrost und kann auch trösten. Amen