Carola Moosbach: Bereitet die Wege. Poetische Kommentare zu Bachs geistlichen Kantaten, Strube Edition 9143, München 2012, ISBN 978-3-89912-166-7, 24 EUR
21. Sonntag nach Trinitatis. Ich habe meine Zuversicht, BWV 188
Auf lange Sicht
wird Gott sich größer zeigen
als die engen Worte
heller als alle Dunkelheiten
wird Gott mich leiten
ohne Zwang
mit allen Zweifeln
kann ich reifen
durch die Brüche hindurch
wird Gott sich in mir verzweigen
So dichtet Carola Moosbach in ihren poetischen Kommentaren zu Bachs geistlichen Kantaten. Die Dichterin hatte Jahre lang fast täglich eine Bachkantate angehört, hat an der Musik große Freude erlebt, doch die Texte des Barock wurden ihr nie vertraut: Da bläst eine schale Luft den stolzen Leib auf einmal in die Gruft (BWV 94), andere Lieder sind schwülstig in ihrer erotischen Sprache. Doch Carola Moosbach wollte die religiöse Tiefe der Texte nicht verlieren hinter dem Genuss der Musik. So entstand dieses Buch mit fast 200 Gebeten, die mehr sind als poetische Kommentare. Sie können auch einzeln für sich gelesen oder gebetet werden. Die drei Register helfen dabei, die Zuordnung zu den Feiertagen schnell zu finden.
Carola Moosbach wurde bekannt mit ihrem Aufsehen erregenden Büchlein „Gottflamme Du Schöne“ (Güterlsoh 1997), in dem sie aus den Verletzungen ihrer Kindheit heraus auf eine neue Sprache des Glaubens stieß. Dafür erhielt sie beim Katholikentag 2000 den Preis des FrauenKirchenKalenders für Gottespoetinnen. Dorothee Sölle hielt die Laudatio. Sie sagte am Schluss: „Es gibt immer wieder mystische Elemente in den Texten von Carola Moosbach. Vielen ihrer Texte gelingt es, ein ganz besonderes, mystisches Schweigen herzustellen. Und das ist das größte Lob, das man über Poesie überhaupt sagen kann.“ In die Stille und in das Schweigen können sich auch die Lesenden dieses neuen Buches führen lassen:
1. Pfingsttag. O ewiges Feuer, Ursprung der Liebe, BWV 34
Einzug
Ein tiefer Friede der mich ummantelt
ein sprudelndes Glück in alle Richtungen
ein zerspaltenes Herz das langsam zusammenwächst
so fühlt es sich an wenn Du bei mir bist Gott …
Carola Moosbachs Sprechen von Gott ist Ausdruck ihrer Erfahrung, nicht einer Lehrmeinung. Es gibt nicht „Gottes Wille“ oder „Der Herr hat es so gewollt.“ Hier dagegen ist ein Reden von Gott, das in der Zeit nach dem Holocaust redlich ist, wo alle Gottesbilder zerbrochen sind. So sind diese Texte für alle Achtsamen und Behutsamen, für Menschen der Stille und für solche, die um die Dunkelheit wissen.
15. Sonntag nach Trinitatis. Was Gott tut, das ist wohlgetan, BWV 99
Erschütterungen
… Zurück ins Leben wurd’ ich gezogen
durch alle Verzweiflungen hindurch
singt mir das Glück an manchen Tagen
Was Gott tut das ist wohlgetan
Dies erinnert auch an die wunderbaren Nachdichtungen für alte Gesangbuchlieder, die in Carola Moosbachs frühen Büchern zu finden sind.
Ergänzend gibt es ein bereits angelaufenes Vertonungsprojekt, um die Dichtung wieder mit der Musik von heute zu Gehör zu bringen. Einige solcher Aufführungen gab es bereits in Dresden, eine weitere wird es nächstes Jahr im Mai vom Thomanerchor in Leipzig geben. Alle, die gerne mitmachen möchten, finden im Nachwort von Matthias Drude, der die Idee zu diesem Projekt hatte, und auf der website www.carola-moosbach.de genügend Informationen: „Es bietet sich die Chance für einen Weg zeitgenössischer Kirchenmusik“.
Hanna Strack, Pinnow/Schwerin