Schreibwerkstatt Segen
Die Maler der russischen Ikonen waren der Auffassung, dass ihr Malen beten sei. So verstehe ich das Schreiben der Segenstexte als ein Herbeirufen Gottes, als ein Beten. Wer Segensworte in seinen oder ihren Gedanken aufsteigen lässt und um Worte ringt, ist Gott nahe.
Alle Menschen, die schöpferisch sind, suchen und finden eine bestimmte Zeit und gewisse äußere Bedingungen, die sie kreativ sein lassen: die frühen Morgenstunden, nachts ohne Schlaf, auf Wanderwegen oder im Intercity.
Wir können auch unsere fernen Lieben segnen. Das schafft Nähe und Distanz zugleich
Für die folgenden fünf Wege gilt: Statt „Gott segne“ kann es immer auch heißen „Gesegnet bist du“, d.h. die grammatikalische Passivformel. Das hilft bei Menschen, denen das Wort GOTT fremd oder suspekt ist.
Ich stelle jetzt die fünf Wege vor, die zu Segenstexten führen können und nenne dies Schreibwerkstatt:
I. Wir fangen die lebendige Vielfalt alles dessen, was wir erleben, ein und sprechen ihr Gottes Segen zu: Landschaft, Tiere… Wir beschreiben etwas aus diesem Leben und setzen darunter: so segne Gott…oder wir schreiben: Gott segne …
II. Wenn in der Lebenswirklichkeit große Spannungen zwischen Wunsch und Wirklichkeit bestehen, nennen wir beides beim Namen. Gerade hier hinein komme Gott mit seinem Segen!
III. Wir nehmen die Bilder des inneren Auges: Licht, Wasser, Tür, Weg… für Erfahrungen des Lebens – Geburt und Tod, Veränderungen. Beim Schreiben wählen wir die Bilder und meinen die Erfahrungen. Solches tun auch die beliebten irischen Segenstexte. „Möge der Wind Deinen Rücken stärken.“ Wir können schreiben: Gottes Segen begleite…
IV. Ein großer Reichtum liegt in den biblischen Texten und Bildern. So z.B. im Gleichnis vom Schatz im Acker, Mt 13,44. Wir hören erst die Erzählung nach ihrer Botschaft ab. Dazu bedarf es viel Offenheit, Gespräche mit Freunden, Unbekümmertheit gegenüber der theologischen Wissenschaft. Wir schließen die Augen und lassen die Bilder sich bewegen. Dann erkennen wir die Kraft des Gleichnisses und seine Botschaft.
Nun ist es gut, die trinitarische Form zu wählen: Der Segen Gottes, der Segen Jesu Christi, der Segen des Heiligen Geistes, oder der Segen der Weisheit…
Daraus kann sich folgender Text ergeben:
So segne Euch Gott
mit dem Schatz, den er Euch schenkt.
So segne Euch Christus
mit dem Schatz, der er Euch entdeckt.
So segne Euch der Heilige Geist
mit dem Schatz, den Ihr weitergebt. Amen
V. Ich segne Dich! Diese Form der Segensworte bringt zum Ausdruck, dass wir als Ebenbild Gottes die Würde und Macht haben, zu segnen und ein Segen zu sein. Damit sind wir gewissermaßen der Resonanzboden des göttlichen Segens: Wir bringen ihn zum Schwingen. Es ist wichtig, die Lebenswirklichkeit genau beim Namen zu nennen. Es ist wie bei einer Kamera, deren Objektiv genau eingestellt wird.
VI. Wir wählen einen alttestamentlichen Segen aus und schreiben ihn neu für unsere Zeit. Dazu eignen sich die in der Einleitung erwähnten Texte und Psalm 128.
VII. Einige meiner Segenstexte habe ich geschrieben im Anschluss an eine ekstatische Erfahrung, wie sie die Tanzpädagoginnen Kaye Hofmann und Uta Maria Köninger mir ermöglicht haben. Für uns in Europa bedeutet Ekstase nicht, dass wir das Bewusstsein verlieren. Durch Trommeln und Tanzen werden sehr tiefe Bilder wachgerufen, die im Gleichmaß des Alltags eingeschlafen sind.
VIII. Eine besondere Freude bereiten die Segenstänze. Das Lied: „Bewahre uns Gott, behüte uns Gott, sei mit uns mit Deinem Segen, sei Quelle und Brot in Wüstennot, sei um uns mit Deinem Segen“ wird im Kreis geschritten, dann in die Mitte hinein und zuletzt um sich selbst.
Tänze, Gesten, Rituale und Segnungsgottesdienste werden zur Zeit wieder entdeckt. Sie sollen in dem Buch: „Segen ist nicht nur ein Wort“ veröffentlicht werden.