Hanna Strack » Katharina Zell 1497 – 1562


Katharina Zell, geb. Schütz 1497 – 1562

Gedenktag 5.9.

 

Straßburg war in den Anfangsjahren der Reformation eine Stadt großes Aufbruchs: Martin Bucer war schon 1518 von Luthers Botschaft von der Gnade Gottes überzeugt worden, ab 1524 und im Jahr 1528 wurde die Stadt endgültig lutherisch.

 

Sieben Priester hatten 1523 geheiratet.  Unter ihnen waren auch die Eheleute Matthias und Katharina Zell. Am 3.4.1524 kam über sie der päpstliche Bannspruch. Katharina rechtfertigte in einem Brief an den Bischof diese Ehe auf Grund der Heiligen Schrift. Damit begann die öffentliche theologische Arbeit Katharinas.

 

Sie hatte als Tochter einer wohl situierten Handwerkerfamilie eine humanistische Bildung genossen: So war sie in der Lage, das Neue Testament im Urtext zu lesen und selbst auszulegen. Nach einer sehr schweren Krankheit fand ihre unruhige Seele in den Schriften Martin Luthers einen neuen Zugang zu Jesus Christus, „… dass ich meinte, man zöge mich aus der grimmen, bitteren Hölle in das liebliche süße Himmelreich.“

Zusammen mit ihrem Mann durch lebte sie die Probleme der beginnenden Reformation. Den schnell auf kommenden Abendmahlsstreit empfanden beide als sehr ärgerlich. Sie sahen in Brot und Wein eine Speise der Seele, und so stellte Katharina es auch in Briefen an Luther dar. Dieser hielt aber daran fest, dass die Einsatzungsworte aus Brot und Wein Leib und Blut Christi real darstellen.

 

Das Pfarrhaus der Zells war von Anfang an Zufluchtsort für Glaubensflüchtlinge, Katharina baute darüber hinaus eine dauerhafte Flüchtlingshilfe auf. So sorgte sie für die Männer aus Kenzingen, die Erzherzog Ferdinand von Österreich überfallen und ihres Glaubens wegen verfolgen ließ. Den zuhause gebliebenen Ehefrauen galt das Sendschreiben, dessen Titelblatt wir statt eines Porträts auswählten. Sie tröstet die Frauen mit dem Satz aus Jesaja 54: „Der Herr hat mich zu sich gerufen wie ein verlassenes und von Herzen betrübtes Weib.“

 

In diesen turbulenten Jahren kam – und für uns überraschend schnell – die Auseinandersetzung mit der nächsten Generation lutherischer Theologen, die die große Freiheit aus der Gnade Gottes wieder in Vorschriften und Gesetze zwängen wollten: Ist die Taufe heilsnotwendiges Sakrament? Mussten Eltern früh verstorbener Kinder wieder Angst um deren Seligkeit haben? Sollte ein ordinierter Geistlicher wieder über Lehre und Leben der Gläubigen zu urteilen haben? Als Katharina am Grab ihres Mannes eine Trauerrede hielt, wurde ich vorgeworfen, sie wolle eine Doktora sein. Sie antwortete: „Nein, gar nicht, sondern allein wie die liebe Maria Magdalena ohne Vorbedacht ihrer Gedanken, eine Apostelin ward .. also ich jetzt auch.“

 

Der junge Theologe Ludwig Rabus focht in einem öffentlichen Briefwechsel mit Katharina Zell um die strengen Positionen. Katharina blieb auf der Seite der neu gewonnen Freiheit. sie veröffentlichte die Korrespondenz in einem „Brief an die ganze Bürgerschaft der Stadt Straßburg“. Kurz vor ihrem Tod musste Katharina Zell erleben, dass der Frau eines Nicht-Lutheraners das kirchliche Begräbnis verweigert wurde. Sie ließ sich hinaus tragen, um die Leichenrede zu halten.

 

Hanna Strack

aus dem FrauenKirchenKalender 1992

 

Nachweise: Roland H. Bainton: Frauen der Reformation. Von Katharina von Bora bis Anna Zwingli. Zehn Porträts, Gütersloh 1995, S. 56-83

Mit freundlicher Genehmigung des Gütersloher Verlaghauses in der Verlagsgruppe Random House, München.