Hanna Strack » Gottesdienst zum Hildegard-Gedenktag am 17.9.06

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bild aus „Welt und Mensch“ mit freundlicher Genehmigung des Otto-Müller-Verlags, Salzburg

 

 

 

Gottesdienst zum Hildegard-Gedenktag am 17.9.06


Votum

Wir feiern Gottesdienst im Namen unseres Gottes, der den ganzen Kosmos umfasst
im Namen Jesu Christi, der unser Verbündeter ist
im Namen der Heiligen Geistkraft, die uns Einsicht und Weisheit schenkt!
Amen

 

Lied 455,1-3 Morgenlicht leuchtet

 

Hinführung:
Liebe Gemeinde, wir feiern heute den Gedenktag für Hildegard von Bingen. Sie ist auch für uns Evangelische eine große Verkünderin des Wortes Gottes, das sie ungewöhnlicherweise in grandiosen Visionen gesehen, gehört und weitergegeben hat. Deshalb gestalte ich heute unseren Gottesdienst mit Liedern, Gebeten und einem Visionsbild dieser großen Theologin.
Hildegard von Bingen wurde 1098 als zehntes Kind einer adligen Familie geboren, kam mit 8 Jahren schon zu den Benediktinerinnen. Bereits als Kind sieht sie Visionen, doch schweigt sie darüber, bis sie mit 43 Jahren eine Stimme hört, die ihr sagt, sie solle alles aufschreiben und malen lassen. Sie ist da schon Äbtissin, sie komponiert Lieder und ein Singspiel, schreibt naturkundliche Bücher über Tiere, Pflanzen und Steine, ist als Ärztin tätig und schreibt eine Heilkunde, lässt ein neues Kloster bauen, korrespondiert mit Kaisern und einfachen Menschen, schreibt eine Ethik, macht noch mit 70 Jahren ausgedehnte Predigtreisen. Mit 81 Jahren stirbt sie. Hildegard ist wohl die genialste Frau überhaupt. Da sie vor der Reformation lebte, ist sie eine Theologin sowohl für Katholiken und als auch für uns Protestanten.
Im Ganzen hinterlässt sie uns 50 gemalte Visionen, von denen ich eines ausgewählt habe, das Sie nun in der Hand halten.

Wir wollen nun eines ihrer Lieder singen, das für den Gemeindegesang umgestaltet wurde.
Lied: Heiliger Geist, 3mal

 

 

Wir beten mit den Worten von Hildegard von Bingen:

Feuer du und Tröster-Geist,
Leben des Lebens aller Geschöpfe!
Heilig bist du, du belebst die Gebilde.

Durch dich wogen die Wolken
und fliegen die Lüfte,
träufeln die Steine,
bringen die Quellen die Bäche hervor,
lässt sprossen die Erde das Grün.

Du bringst auch immer
Menschen voll Einsicht hervor,
beglückt durch den Odem der Weisheit.

Und darum sei Lob dir,
du Klang allen Lobes
und Freude des Lebens,
du Hoffnung und machtvolle Ehre,
da du die Gaben des Lichtes verleihst.

Das Lied von Hildegard von Bingen, das wir jetzt singen,
ist schon ein Hinweis auf das Bild, das wir betrachten wollen,
indem es die alles durchdringende Kraft der Liebe preist.
Text erstmal vorlesen!

 

Lied: Ströme der Liebe, 3mal

 

Bilder austeilen oder Dia zeigen!

 

Liebe Gemeinde!
Auf diesem Visionsbild sehen wir einen Mutterschoß in der Gestalt eines Mandalas, der den ganzen Leib der Gottheit ausfüllt: Ganz oben ist das Antlitz von GottVater zu erkennen, darunter in Rot das Antlitz der Liebe – Caritas. Diese hat ihre Arme weit ausgebreitet und umfängt so den kreisrunden Schoß, in dem aufrecht ein Mensch steht, umgeben von Kräften und Winden. Unten schauen der Saum des Gewandes und die roten Füße der männlich-weiblichen Gottheit hervor. Links unten hat Hildegard sich selber malen lassen.
Zum Menschen in der Mitte sagt Hildegard selbst:
„Mitten im Weltbau steht der Mensch. denn er ist bedeutender als alle übrigen Geschöpfe. An Statur ist er zwar klein, an Kraft seiner Seele jedoch gewaltig. Sein Haupt nach aufwärts gerichtet, die Füße auf festem Grund, vermag er sowohl die oberen als auch die unteren Dinge in Bewegung zu versetzen. Was er mit seinem Werk in rechter und linker Hand bewirkt, das durchdringt das All.“
Die Liebe Gottes umarmt den ganzen Kosmos. Das Feuer ist die Macht Gottes, die allem Sein das Leben gibt. An seinen äußeren Grenzen sind Schichten aus Luft und Wasser, die den in der Mitte aufrecht stehenden Menschen umgeben. Aus diesen Schichten blasen Tiere, ein Bär, Krebs, Leopard, Hirsch Wolf und der Löwe, die verschiedenen Charaktereigenschaften symbolisieren. Von oben herab stehen mehrere Sterne übereinander, die Planeten. Hildegard schreibt dazu: „Was der Mensch mit seinem Werk in rechter oder linker Hand bewirkt, das durchdringt das All …. Der Mensch besteht durch die Kraft der Elemente und mit Hilfe der übrigen Geschöpfe so fest und sicher, dass er durch keinerlei widrigen Ansturm aus seinem Wohlstand herausgerissen werden könnte, solange ihn die göttliche Allmacht darin beschützt.“

Hier wird die behütende Bedeutung des göttlichen Mutterschoßes deutlich. Weiter schreibt Hildegard: „Schließlich siehst Du noch, wie aus dem Mund der Gestalt, in deren Brust das Weltenrad erscheint, ein Licht, heller als der klarste Tag, hervorgeht, nach Art eines Lichtgespinstes. Aus dem Urgrund der wahren Liebe, in deren Wissen der Weltenlauf ruht, leuchtet ihre überaus feine Ordnung über alle Dinge hervor und kommt, alles haltend und alles hegend, immer neu ans Licht … Aus dieser wahren Liebe, die ganz und gar göttlich ist, besteht alles Gute, wünschenswert über alles. Die Liebe zieht alle an sich, die Gutes wollen, und kommt mit diesem Zug ihnen entgegen; sie denkt mit rechtem Urteil alle Verdienste durch und alles, was der Mensch tut und um Gottes Willen verwirklicht.“
Gott ist die Liebe – das zeigt diese rote Gestalt, und wunderbar bringt das Bild zum Ausdruck, dass wir in der Liebe Gottes geborgen sind. Viele Kräfte wirken auf uns ein, das erleben wir täglich. Deshalb brauchen wir die Kraft der Liebe. Aber wir hören auch die Ermahnung, zu bedenken, wie wir auf die Umwelt einwirken.
In diesem Sinne ist die Botschaft der Theologin aus dem hohen Mittelalter sehr aktuell für uns! Amen

Lied: 331,1,2 Großer Gott, wie loben sich


Abkündigungen

 

Lied: 331,9-11

 

Wir wollen nun mit den Worten Hildegards beten. Es ist ein Gebet, das uns selbst auch in die Pflicht nimmt, wie ein Fürbittgebet, Sie finden es auch auf der Rückseite des Bildes, das Sie gerne mit nachhause nehmen können:

Die Seele ist wie ein Wind, der über die Kräuter weht,
und wie ein Tau, der auf die Gräser träufelt,
und wie die Regenluft, die wachsen macht.

Genauso ströme der Mensch
sein Wohlwollen aus auf alle,
die da Sehnsucht tragen.

Ein Wind sei er, indem er den Elenden hilft,
ein Tau, indem er die Verlassenen tröstet,
und Regenluft, indem er die Ermatteten aufrichtet
und sie mit der Lehre erfüllt wie Hungernde:
indem er ihnen seine Seele hingibt.
Amen

 

Vater unser

Segen

 

 

Das Bild „Der Kosmosmensch“ ist erhältlich als Postkarte Nr. 404741 für Gemeinden zu 0,35 EUR +Versandkosten
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