Hanna Strack » Briefe von der Front in Wollseifen/Eifel, November 1944

Wollseifen

Der Ort wurde im September evakuiert, weil die Engländer dort einen Truppenübungsplatz einrichteten, es ist ein „totes Dorf“ und deshalb auf keiner Karte zu sehen, doch über Google-Earth unterhalb des Wortes „Nationalpark“.

Aus den Briefen an meine Mutter, spätere Ergänzungen durch meine Mutter:

 

V(ettreis), den 5.11.44

Br.Nr. 61

Sonntag Nachmittag

 

Meine liebe Maria!

Da ist es nun wieder, das Leben in der Frontnähe. Bis hierher ging es wider erwarten gut. Wir fuhren erst gegen Abend von Werl weiter (von Werl schrieb ich eine Postkarte). Des öfteren war Alarm u. einmal wurden wir von x-Hunderten Bombern überflogen. Das ist ein Gefühl Viehwagen! Von Aussteigen keine Rede! Gegen Tagesanbruch luden wir in Vettweiß aus. Uffz. Umbach u. ich machten uns mit den Rädern selbständig. In einem Nachdardorf erfrugen wir den Ort, wo die unserigen seien. Auffallend war, wie viele Menschen die Messe besuchten. Von der Front orgelten – heute unaufhörlich – die Kanonen. Nach einem Frühstück drücken wie uns mühsam gegen den Wind weiter. Im nächsten Ort sind schon Zerstörungen; ein Volltreffer traf die Kirche. Über uns kreisen die engl. Schwalben, machen Bomberverbände ihren Weg ins Hinterland. An einem Gasthaus des nächsten Dorfes begegne ich als 1. Bekannten dem Fw. Maier von der 3. Kp., blaß, flügellahm. „Wo sind die Unsrigen?“ – „Ja,. wenn ich das wüsste!“ Der Spieß muß in der Nähe sein, die Kg. sind kaum entladen zum Einsatz gekommen. Durch Unglücksfälle – ein anderer Transportzug stieß  von hinten auf den unsrigen – gab es Tote u. Verwundete u. Kraftzeugwracks. Unter den + ist der Schreiber der 3. Kp. Heinze, der schon in der 3. A.Kp. in Kniel. mit mir zus. war; vom Stab sind einige verwundet. Bei Tag ist ein Weiterfahren mit Fahrzeugen nicht möglich, also geht´s heute Abend weiter vor. Wir beide essen aus der Feldküche der 3. Kp., strampeln mühsam gegen den Wind, bis ich hier eine Frau frage, ob wir ausruhen dürfen. „Aber gerne“. Wir bekommen Kaffee u. Kuchen. „Mein Gast – ihr Mann – ist ja nicht hier; bei der Flak in Mecklbg.“ 3 Kinder sind  da. Wie lange dürfen sie bleiben? Die Front rückt näher; darüber täuschen keine Kraftworte gewaltiger Redner mehr hinweg. Wohin? – Ein Urlauber wollte seine Fam. zurückbringen. Das Militärauto wird von Jagdbombern angegriffen, die Frau ist tot, das Kind auf dem Arm der Mutter lebt. – Ich denke an zu Hause; man möchte weinen; ich tröste mich damit, dass die Kriegswalze nicht bis zu Euch alles niederwalzt. Aber auch so rate ich zu Vorsicht: Bitte, wenn Militärfahrzeuge durchs Dorf fahren, Kinder nicht zuschauen lassen, da Jagdbomber solche Fahrzeuge mitten im Dorf mit Bomben bekämpfen. In diesem Falle am, besten in den Keller gehen.

In der Hoffnung Dir bald wieder Nachricht zukommen lassen zu können, grüße ich Dich ganz herzlich!

Dein Karl

Herzl. Grüße unsern Kindern!

Ein Brief mit Paketmarken ist unterwegs!

 

Abends: Wir sind irregeführt worden u. haben unsere Einheit noch nicht gefunden, gehen bei stockfinsterer Nacht aber nicht mehr über die Eifelberge, über die der Wind saust, sondern liegen in ordentl Quartier von Baupionieren bis morgen früh! Liebe, ich wünsche Dir u. uns allen eine gute Nacht!

Und bleibe gern Dein Karl.

 

6.11.1944

Mo. Abend Br.62

 

Meine herzliebe Maria!

Wir gern möchte ich Dir die Hand drücken u. Dir sagen, dass es mir noch gut geht. Und ebenso gern würde ich Dich nach Deinem Tag u. seinen Sorgen fragen, und wie Du sie überwunden hast. Auf Post darf man jetzt weniger als sonst warten. Ich überlege mir schon, ob ich Dir nicht jetzt schon meine Wünsche zum Advent aussprechen muß!

Zu dem Paket, das als Frachtgut für Dich an Stucky geht, wollte ich noch sagen, dass Du bitte die Wäsche aufbewahren möchtest; die Bücher sollen ebenso auf Deinem Weihnachtstisch wie au dem meinen liegen, falls mir einen solchen noch haben dürfen! Das Spiel gehört ebenfalls zum Fest unsern Kindern; den Ball kannst du ihnen viell. gleich geben; vielleicht findet sich ein Mann, der ihn aufzupumpen versteht.

Nun noch kurz vom heutigen Tag. Umbach u. ich mussten bei leichtem Regen aufbrechen. Der Weg ging meist bergan bis kurz vor Gemünd. In G. trafen wir unsern Pferdetroß u. begrüßten uns mit dem nötigen Landserhumor. In einer halbverfallenen Möbelhalle hatten die Kam. die Nacht verbracht. Einige Kam. sind sehr schwer verletzt bei dem Eisenbahnunglück, andere wie durch ein Wunder verschont. Leider ist m. Vorschriftenkiste in welcher auch m. Rucksack mit Socken u.a. Wäsche war, in Düren geblieben. On ich ihn wiederbekomme ist fraglich.- Nach dem Portionenempfang ging ich ins Pfarrhaus, wo ich von den älteren Leutchen sehr nett aufgenommen wurde. Leider weiß ich den Namen nicht mehr; er enthält 2 o (Zonoch??) u. in K´feld hat der Amtsbruder 1939 seine Schwester gleichen Namens beerdigt, die dort in kl. Kinderheim hatte (als Schwester?). Das Pfarrhaus ist schon beschädigt. Im Studierzimmer sind die Fenster durch Pappe ersetzt u. stehen Kartoffeln u.a. Dinge. Die Leute essen im Keller, weil hier ja meist Alarm ist. „Meine Hauptarbeit sind Bee.; es sterben viele ältere Leute.“ Er will bleiben, wenn es irgend geht u. seine Frau bei ihm; die Frauen der Herren Obwgr. u.a.-leiter seine als die ersten „freiwillig“ evakuiert. Während die Fam. aß, schlief ich ½ Stündchen. Gegen 2 Uhr rückten wir weiter auf die Höhen der Eifel u. liegen nun in einem kl. Dorf (Wollseifen). Wir sehen von hier aus in nächster Nähe die große Ordensburg Vogelsang. „Ist sie noch bewohnt?“ – „Hohlraum“, antwortet der Wirt, in dessen Lokal die Schreibstube sich befindet. – mein Quartier ist zu meiner Freude im kath. Pfarrhaus. (Ev. gibt es hier nicht) – Morgen, hoffentlich weiter. Liebste, was wird uns der Herr bestimmt haben?

Wir wollen ihm danken für alles Schöne, das uns gegeben ist! Sei herzlich gegrüßt mit einem lb. Gute-Nacht-Kuß von Deinem Karl.

 

 

O.U., den 7.11.44 Dienstag

Br.63

Meine Liebste!

Wie darf ich dankbar sein, dass ich im warmen Zimmer eines Wirtshauses sitze u. bei solchem Regenwetter nicht in Nässe, Dreck u. Kälte herumliegen muß. Aber das ist ja nur eine jener ungerechten Verlagerung der Lasten, die der Krieg für alle hat, die „etwas anderes verdient“ zu haben meinen. Der allgemeine Jammer derer, die die unsagbarsten Strapazen auf sich nehmen müssen, greift einem aber doch sehr ans Herz, zumal auch hier der Eindruck sich nahe legt, dass die Menschenleiber, die sich dem nahenden Unheil entgegenstemmen, dieses am Ende doch nicht aufhalten können. Wir wollten uns aber mit dieser Ansicht nicht getäuscht haben.

Du wirst gern aus dem Pfar.haus hören. Viel Zeit zur Unterhaltung hatte ich noch nicht. Die schon ältere Haushälterin ist schwerhörig. Sie macht einen gediegenen Eindruck. Sie ist jeden Morgen um 5 Uhr an der Arbeit, „ sonst kommt man nicht zurecht.“ Im Haus sind noch 2 kl. Mädchen des Bruders des Pfrs. u. ein anderes, etwa 12 jähr., außerdem ein Mädchen (etwa 16jähr.) für die Hausarbeit. Heute Morgen sah ich in der Waschküche (ans Haus angebaut), durch die man zum Klo geht, die elektr. Waschmaschine kaufen; erstaunlich genug, dass es hier noch Strom gibt. Warum haben wir eigentlich keine solche Maschine? eine solche wäre für Dich eine große Hilfe.- Der Pfr. hat eine große Verantwortung jetzt gerade in der Gemeinde u. für die Kinder in s. Hauhalt; er habe einen schlechten Keller u. bei Beschuß auch sonst keine Deckungsmöglichkeit. und „wohin soll man gehen?“ Das ist ja die Frage, die alle sich stellen. „Der Krieg läuft uns nach“.

Hier lernt man sich wieder zu allen kleinen Behaglichkeiten freuen. ich habe ein gutes Bett, nur war es so stürmisch, dass ich schlecht schlief. Geschossen hat es wenig. Man nimmt an, dass der Gegner einen ganz großen Zangengriff durch Holland u. Lothringen versucht u. hier nur Kräfte bindet.

8.11.44 Abends

 

Liebste, es war gestern u. heute viel zutun, zumal ich selbständig u. allein die Verpflegung für 3 Tage empfangen musste, da der betr. Feldw. das Rückgrat verstaucht hat. Heute habe ich  nun diese Verpfl. aufgeteilt auf die 3 Kp.; ich kam mir dabei vor wie ein Angestellter in Vaters Geschäft. Es gab Erbsen, Bohnen, Reis u. a. zu verwiegen. – Es geht mir sonst gut u. ich hoffe sehr, dass Du Dich mit unsern Kindern wohlbefindest, Maria! Vielleicht kann ich morgen wieder ausführlich schreiben. Mit dem Schießen ist es ruhiger geworden, es schneit aber!

 

Sei in Liebe herzlich gegrüßt mit einem innigen Gute-Nacht-Kuß! von Deinem Karl.

 

 

O.U. den 9.11.1944

Br. Nr. 64 Donnerstag morgen

 

Meine liebe Maria!

 

Nun ist mein Schreiben wieder ein Monolog geworden, dem zunächst keine Antwort wird. Wir wissen noch nicht, wo unser Feldpostamt zu erreichen ist und geben unsere Post einem andern, das hier amtet. Aber ich weiß ja, dass es Dir ähnlich geht, Maria, und Du mir sicher mit gleichem Gefühl schreiben wirst.

Als ich gestern Abend meinem Quartiergeber und seinem Fräulein mit Fotos zeigte, was ich als mein Schönstes in dieser Welt habe, da wurde mir wieder so froh und auch so weh ums Herz. Und immer wieder bleibt die schwere Frage: Darf ich die Meinen wiedersehen?

 

Man kann sich sehr fein mit dem kath. Kollegen unterhalten; er war schon einige Male im Schwarzwald zum Ski-Fahren. Hier hat man ihn auch schon „aufs Korn genommen“ und schon 3 mal aufs Haus geschossen, erst gestern wieder ins Speicherfenster; vorher ging einmal eine Kugel unten durch die Haustüre und den Flur in die gegenüberliegende Wand. Vielleicht sind es einfach nur Lausbuben, die solche bösen Streiche liefern, die allerdings weniger zu verschmerzen sind als eine mit Teer besudelte Klingel.

 

Schrieb ich schon, dass eine Granate 5 m neben dem Pfarrhaus in den Garten geschlagen hat? Es war nachdem* die Ansammlung von Pferdefahrzeugen ganz in der Nähe der Kirche beobachtet hatten! –

Wenn ich das bedenke, ist es vielleicht gut, dass in unsern Saal kein Verpflegungslager kam bei dem dauernd Fahrzeuge vorfahren. Hat man wohl mit der Arbeit im Saal begonnen? Und wie wirkt sich das aus? Was sich wird sonst zugetragen haben?

 

Heute nacht schlief ich ausgezeichnet und erwachte erst als gegen 6 Uhr unsere Artillerie einen Morgengruß ins andre Lager schickte. Man wundert sich über die Ruhe von drüben.

Die Front ist hier ziemlich stabil; die Leute hier sind sehr dankbar dafür, denn sie fürchten sehr eine Evakuierung. Man räumt übrigens nicht mehr „total“ die Ortschaften. Denn im Falle einer Entscheidung über den Verbleib eines Landes nach dem Krieg, hätten wir kein Recht mehr auf das Land, das keine Deutsche mehr beherbergt und in das nach der Besetzung sofort Franzosen angesiedelt würden.

 

Die Arbeit beginnt. Als neuestes habe ich die Verwaltung und Ausgabe des Kraftstoffes, den ich gegenüber dem Gesch.Zimmer in der Waschküche einer Bäckerei gelagert habe.

 

O.U., den 10.11.44

Fr.morgen, Br. 65

 

Meine herzliebe Maria!

 

Das Land ist weiß; der Winter ist da und bringt seine Nöte für alle. Wir liegen hier noch „warm“, aber der Aufbruch kann stündlich kommen. Man weiß nie recht, was eigentlich los ist vorne. Es scheint, als nehme das Schießen an Heftigkeit wieder zu; doch hallt es auch sehr durch die Täler und Tiefen, wenn der eherne Mund eines Geschützes schreit oder eine Granate rummst.

 

Du weißt wohl, dass ich einen neuen Chef habe und Abtl.V? Einer, der sehr energisch tut und u.a. auch mir schon die Lehre gab, dass man als Soldat immer noch „jawoll“ und nicht nur „ja“ zu sagen hätte, was ich mit „Jawoll“, Herr Inspektor zur Kenntnis nahm. Gestern abend gab es eine Auseinandersetzung darüber, was wichtiger sei: Mann oder Material. Ich vertrat die Meinung, der Mensch sei wichtiger, auch jetzt wo wir sehr knapp sind mit dem Material. Der Oberzahlmeister pflichtete mir bei. Der Inspektor meinte, einen Rückzug gäbe es überhaupt nicht mehr; der Mann soll bei seinem Material bleiben und fallen, wenn es sein muss. –

 

Ja, wir erleben auch im Großen die Auswirkungen unserer Ehrauffassung! Am Abend komme ich etwa um 8 Uhr ins Quartier. Das „Fräulein“, etwa 50 jährig, hat mir schon 2 Abende Bratkartoffeln gemacht. Auch die beiden andern Landser, die auf dem Küchenboden schlafen, bekommen ihr warmes Essen und den Kaffee am Morgen. Anschließend ans Abendessen habe ich meine Klamotten geflickt. Die Kam. lasen und besahen sich Bilder aus der reichhaltigen Bibliothek des Pfrs. Ich selbst unterhielt mich mit Herrn Pfr., der ein sehr belesener Mann ist.

Dabei wurde mir der Gedanke etwa bestätigt, den Du „gefühlsmäßig“ schon geäußert hast, von den (heutigen) Juden, die unser Unglück sind. Interessant sprach er von Nietzsche, dessen Schriften er eingehend studiert hat.

N. selbst sei durchaus kein „Herrenmensch“ gewesen. Der Besuch, der um ½ 10 Uhr noch kam (!), unterbrach leider das Gespräch, und ich begab mich auf mein Zimmer.

Nun muss ich diesen Brief schließen, um ihn noch rechtzeitig mit der Post wegzubringen, die heute früher geht. Leider kommt noch keine Post.

 

 

O.U., den 12.11.1944

Sonntag Morgen, Br. Nr. 66

 

Du, meine liebe Maria!

 

Die drei Mädchen kommen mit ihren hübschen Kleidchen, Pfarrmagd richtet sich zu hlg. Frühmesse und der Pfarrer trifft die letzten Vorbereitungen. Solch ein Bild kann einem anheimeln. Zwar rasiert er sich im letzten Augenblick am Küchentisch, an dessen anderem Ende ich frühstücke; dafür können wir uns aber auch dabei unterhalten über unsere Küster, die in beiden Fällen dasselbe Bestreben haben: Mehr Geld, weniger arbeit! Aber der PFr. hat ja auch keine so liebe Frau, die ihm das beibringt, dass man sich anders wo den Bart kratzt. Ach, dürfte ich auch wieder einmal Sonntag haben bei meinen lieben Kindern und meiner liebsten Haufrau! Gott gebe es mir und allen, die sich danach sehnen, doch in Gnaden bald wieder!

Schon 2 Mal haben wir Post empfangen, aber aus Baden und Württbg war gar keine dabei. Was wird das nur sein: und wie bedauerlich, dass auch das wenige, durch das sich liebende Menschen verbinden können, solche Störung erleidet. Von Vater habe ich einen Brief und von einer Kam.Frau (Siehe Anlagen).

Gestern Abend habe ich mich gut gewaschen, auch den Kopf, den ich aber warm um hüllte, um mich im kalten Zimmer nicht wieder zu erkälten. es geht mir übrigens gesundheitliche seit einigen tagen und nach der Bahn-und Rad-fahrt wieder recht ordentlich. Im Bett las ich noch einiges, was mit der kath. Kollege gegeben hat. Am Freitag Abend –gestern störte ich ihn nicht – unterhielten wir uns u.a. über die Frage der Verwirklichung des Reiches Gottes und der Herrschaft Christi auf Erden, die ja nach kath. Auffassung durch die kath. Kirche  schon angebrochen ist, von ihr durch die Durchdringung der ganzen Welt vollendet am Ende dem Herrn als fertige Tatsachen übergeben wird, während wir ja die Schrift so lesen, dass es uns Christen nie gelingen wird, dieses Reich auf Erden zu verwirklichen, sowenig es einer politischen Macht gelingt, eine gültige und von allen Völkern gleich geachteten und willkommenen Weltordnung zu schaffen. Der kath. Pfarrer meinte dazu, man habe auch in der kath. Kirche in den letzten Jahren eine Wandlung durchgemacht, die nicht mehr am starren Dogma hängen bleibt, sondern die dinge mit neuen Glaubensaugen sehen gelernt hat,. Wir sprachen auch über Luther und über Wittig derart, dass ich ein großes Verständnis fand. Der jetzige Papst soll geäußert haben, er sei der letzte Vertreter die Kirche, wie sie bestanden hat.

Nun, Maria, hoffentlich habt Ihr heute einen guten Sonntag; ich würde mich ha sehr freuen, wenn ich etwas von Dir hören dürfte!

Die Pfarrköchin war gestern Abend sehr erfreut, dass ich mich trotz ihrer Schwerhörigkeit mit ihr unterhielt. Aber das sind wir ja gewohnt, mit solchen Menschen mitzufühlen.

Ich schreibe darum so schlecht, weil ich recht verfrorene Finger habe nach Ausladen und Ausgabe von Benzin.-

 

 

O.U., den 1.12.44

Brief Nr. 81

 

Meine liebste Maria!

 

Du wirst wohl auch in der Zeitung gelesen haben soviel, dass Du wenigstens von unserm Abschnitt weißt, wie die Materialschlacht entbrannt ist. Es dröhnt und hallt in den Tälern zwischen den Bergen, dass uns niemand erst zu bestätigen braucht, welchen nervlichen und seelischen und körperlichen Leiden die Kameraden vorn unterworfen sind. Unser Nachrichten-Fw. Eisenhardt sagte uns, er habe in den 6 Jahren des Krieges nichts Gleiches erlebt. Unsere Pio. sind wieder zu Grenadieren geworden.

Endlich kam wieder ein Gruß von Dir, wenn auch nur der kurze vom 20.11. auf welchem Hansemann anfing, zu tippen. Hab’ Dank dafür, Maria! O, wie freue ich mich, dass Du gesund bist und ich noch etwas von Dir hören darf, denn es wird noch ganz anders kommen, wenn die Entwicklung so weiter geht.

Gestern schrieb ich Dir vom Quartiermachen für Krämer und Bender. Der Mann der btr. Frau war vor 2 Tagen von der nahen Front her noch bei ihr uns als ich vorhin rauf kam, saß sie in Trauer und Tränen. Wird das nicht eines Tages das Ende aller unserer Wege auf Erden sein, damit wir wieder froh und dankbar zu unseres himml. Vaters Botschaft werden von seinem Reich, darinnen Friede, Freude, Gerechtigkeit und Heiligkeit wohnen.

 

Heute war’s wieder ein langer Tag für mich; aber es geht mir dabei gut, und ich habe wieder ein sehr ordentliches Quartier gefunden bei der Witwe Joseph Schöller, Haus 172.

Als ich vorhin kam, stand warme Milch auf dem Ofen und ein sauberes, weißes Bett war gemacht. Gegen 8 Uhr war ich schon kurz hier und bekam eine Milchsuppe.

Nachdem ich auch schön gewaschen bin, wozu ich mir heißes Wasser vom Herd holte, – die beiden Leutchen sind schon zum Schlafen zur Klostermühle – bin ich sehr bettreif und lege mich schlafen.